Russland-Deal zwischen Schein und Sein

Der neue OMV-Chef, Rainer Seele, arbeitet angeblich mehr an Kostensenkungen als am Asset-Swap mit Gazprom. "Presse"-Informationen zufolge aber ist die Bewertung der OMV-Raffinerien durch Gazprom weit gediehen.

Wien. Die OMV informiert die Öffentlichkeit nur in Splittern über Veränderungen: Tatsächlich aber schreitet die Neupositionierung des Konzerns unter ihrem neuen Chef, Rainer Seele, zügig voran. Auch das im Sommer angekündigte Zusammenrücken mit dem russischen Gaskonzern Gazprom in Form eines Tauschs von Vermögenswerten (Asset-Swap) ist um einiges weiter gediehen, als Seele selbst dies zugibt.

Im Interview mit Bundesländerzeitungen am Wochenende hat Seele erklärt, dass die Gespräche mit Gazprom noch in einem „embryonalen Stadium“ seien. Und weil der OMV durch den gesunkenen Ölpreis derzeit ein rauerer Wind um die Ohren wehe, beschäftige er sich „aktuell nicht mit Russland, sondern mit Kostensenkungen“.

Wie aber „Die Presse“ aus Konzernkreisen in Erfahrung gebracht hat, wurde längst ein – wie vor jeder Transaktion üblich – „Data Room“ eingerichtet, in dem Gazprom die für den Tausch infrage kommenden OMV-Aktiva prüfen kann. Konkret gehe es um die beiden OMV-Raffinerien in Schwechat und im bayrischen Burghausen. Diese sollen ja, wie „Die Presse“ vor Weihnachten exklusiv berichtet hat, zum Zweck des Asset-Tauschs in eine eigene Gesellschaft ausgelagert werden. Vorgesehen sei eine Viertelbeteiligung durch Gazprom.

Shortlist kann sich ändern

Man sei sogar schon um einiges weiter und habe die Wertansätze ermittelt, weiß eine Gazprom-nahe Quelle zu berichten: Ausständig und momentan in Vorbereitung seien die Representations and Warranties (Gewährleistungen des Verkäufers). Seeles Zurückhaltung in der Öffentlichkeit („embryonales Stadium“) sei darin begründet, dass seitens der SPÖ (Klubobmann Andreas Schieder, Ex-EU-Staatssekretärin Brigitte Ederer) zuletzt immer lauter Vorbehalte gegen Seeles Russland-Pläne geäußert worden sind.

Die OMV selbst erklärt auf Anfrage, dass die OMV aktuell „mit Hochdruck an der Bewertung des Felds“ (des sibirischen Gasfelds Urengoy, an dem die OMV mit 24,98 Prozent beteiligt werden könnte) arbeite. „Danach werden wir die Preisformel verhandeln, und erst dann werden wir die Assets der OMV diskutieren können“, so Konzernsprecher Johannes Vetter: „Die sogenannte Shortlist ist als Interessensbekundung zu bewerten und aktuell nicht Verhandlungegenstand. Diese Interessensbekundung kann sich übrigens auch noch ändern!“ Anteile an den Raffinerien wären für Gazprom schon wegen des Zugangs zum Know-how attraktiv und wettbewerbsrechtlich problemlos zu bekommen. Sollte Gazprom auf die zum Verkauf stehenden Anteile am Fernleitungsnetzbetreiber Gas Connect Austria oder auf die Übernahme des Gashandelshauses Econgas abzielen, seien wettbewerbsrechtliche Probleme nicht auszuschließen, heißt es beim Regulator E-Control.

Sollte kein Überraschungscoup beim Asset-Swap intendiert sein, wird entgegen kolportierter Einschätzungen die Unterzeichnung nicht vor der Bekanntgabe der neuen Konzernstrategie am 18. Februar stattfinden. Laut Vetter sei sie erst für Sommer realistisch.

Die Unterstützung seitens der ÖVP ist jedenfalls sicher: Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner reist Anfang Februar mit Seele nach Moskau. (est)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.01.2016)

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