Gazprom wird den Asset-Swap mit der OMV schon bald abschließen, so Aufsichtsratschef Viktor Zubkov zur „Presse“. An der Gas Connect sind neben den Russen noch Italiener interessiert.
Wien. Der russische Gaskonzern Gazprom sieht sich in der Frage des angepeilten Tauschs von Vermögenswerten (Asset-Swap) mit der OMV schon bald am Ziel. „Wir sind ziemlich weit vorangekommen“, sagte gestern der Aufsichtsratschef von Gazprom, Viktor Zubkov, am Rand der European Gas Conference in Wien im Gespräch mit der „Presse“. Die Entscheidung, welche Vermögenswerte die Gazprom von der OMV für deren Beteiligung am sibirischen Gasfeld Urengoy erhält, werde in nächster Zeit gefällt. „Ich denke, im Frühjahr“, so Zubkov. Ein anderer Gazprom-Manager, der nicht namentlich genannt werden möchte, spricht sogar von „Februar oder spätestens März“. Dies schlägt sich mit der Aussage von OMV-Chef Rainer Seele vor wenigen Tagen, der Gazprom-Deal sei noch in einem „embryonalen Stadium“.
Raffinerien im Fokus
Der Gazprom-Manager bestätigt außerdem, was die „Presse“ bereits vor Weihnachten aus informierten Kreisen erfahren hat: Es gehe um die OMV-Raffinerien in Schwechat und im bayrischen Burghausen. Laut Zubkov gehe es darüber hinaus auch um künftige Gas- wie auch Öllieferungen aus der Gazprom-Gruppe. Konkreter äußerte er sich dazu nicht.
Jedenfalls hat Gazprom laut Zubkov Interesse am österreichischen Gastransportsystem – dem Leitungsnetzbetreiber Gas Connect.
Bekanntlich will die OMV 49 Prozent an Connect verkaufen. Da diese aber über die damit beauftragten Investmentbanken im offiziellen Verkaufsprozess angeboten werden, wären sie deshalb nicht Teil des Asset-Swaps. Marktkenner bezweifeln überhaupt, dass Gazprom damit wettbewerbsrechtlich bei der EU und bei der Zertifizierung durch den Regulator E-Control durchkommen werde.
Italienisches Interesse
Aufhorchen ließ gestern indes Carlo Malacarne, Chef des italienischen und europaweit größten Ferngasleitungsbetreibers Snam: Sein Unternehmen „hat Interesse, Anteile an Gas Connect zu kaufen“, sagte er gegenüber Journalisten. Snam besitzt bereits 85 Prozent an der nach Italien führenden Trans Austrian Gasleitung (TAG). Die restlichen 15 Prozent gehören der Gas Connect. „Ein vereinigtes Gaspipeline-System in Österreich würde Sinn ergeben“, so Malacarne. Die OMV kommentierte die Aussage gegenüber Bloomberg nicht.
Im Übrigen plädierte Malacarne dafür, dass Gas aus dem kaspischen Raum, das ab 2018–2020 über eine Pipeline durch die Türkei und den Südbalkan bis nach Italien fließen werde, auch anderen europäischen Ländern zugute kommen solle. Man solle eine Anbindung von Griechenland an den österreichischen Gas-Hub Baumgarten überlegen. Der geplante Ausbau (Nord Stream 2) der russischen Ostseepipeline Nord Stream trage nämlich nicht zur Diversifizierung der Erdgasquellen bei.
Gazprom freilich arbeitet gemeinsam mit anderen europäischen Partnern mit Nachdruck an Nord Stream 2. Die Arbeit an einer Teilnahme der OMV sei „sehr intensiv“ so Zubkov im Gespräch. Im Moment verhandle Gazprom-Chef Alexej Miller selbst mit der OMV über eine konkrete Teilnahme. Für Gazprom ist Nord Stream 2 als Ersatz für den unsicheren Transit durch die Ukraine weitaus essenzieller als der Asset Swap. Europa ist und bleibt nämlich der lukrativste Auslandsmarkt.
Schock durch Preisverfall
Weil in Gazproms vorwiegend langfristigen Lieferverträgen aber der Preis für Gas an den Ölpreis gebunden ist, steht der Konzern derzeit genauso unter Schock wie die Ölfirmen. Im ersten Quartal 2016 dürfte der Preis für 1000 Kubikmeter auf 180 Dollar sinken, so Zubkov – ein Minus von 37 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2015. Gazprom erwartet für 2016 immerhin ein stabiles Exportvolumen von 160 Mrd. Kubikmeter nach Europa.
Wie ernst es dem Konzern mit Europa ist, zeigte sich auch auf der Gaskonferenz. Selbst die vor eineinhalb Jahren zur Exportchefin ernannte 44-jährige Jelena Burmistrova entschied sich im letzten Moment, doch nach Wien zu kommen und ihrer erst dritten Rede im Ausland charmeoffensiv „Ein herzliches Grüß Gott“ voranzustellen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.01.2016)