Die Grünen üben heftige Kritik an einer Moskau-Reise des Wirtschaftsministers. Er betreibe dort keine Diplomatie, sondern "eine von OMV und Andritz diktierte Handelspolitik."
Reinhold Mitterlehners Russland-Reise erfreut zwar die Wirtschaftsvertreter, sorgt aber für heftige Kritik bei den Grünen. So wirft die Vizepräsidentin des Europaparlaments, Ulrike Lunacek, dem ÖVP-Wirtschaftsminister und Vizekanzler ein "Unterlaufen der Sanktionen" vor. Außerdem haben die Grünen eine parlamentarische Anfrage an Kanzler Werner Faymann (SPÖ) eingebracht. In der Anfrage, die der "Presse" vorliegt, stellt Außenpolitik-Sprecherin Tanja Windbüchler neun Fragen. Unter anderem kritisiert sie, dass es zu einem Treffen "mit sanktionierten Personen" (Vizepremier Dimitrij Kosak darf nicht in die EU einreisen) gekommen ist und will eine Erklärung dazu. Außerdem will sie wissen, ob Faymann Schritte gesetzt hat, "um Vizekanzler Mitterlehner darauf hinzuweisen, dass es sich bei der geplanten Reise um eine Umgehung/Bruch der bestehenden EU Sanktionen gegen Russland handelt". Anfragen an Mitterlehner sollen in den kommenden Tagen folgen. Ein Sprecher Mitterlehners weist diesen Vorwurf gegenüber der "Presse" als "absurd" zurück. Sie gingen an der Realität vorbei: "Wir agieren im Rahmen der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU und damit im Rahmen des Sanktionen-Regimes."
"Von OMV und Andritz diktierte Handelspolitik"
Windbüchler erhebt schwere Vorwürfe: Mitterlehner, der in Moskau die Sanktionen gegen Russland kritisierte, würde die EU-Politik nicht ernst nehmen und setze "österreichische Wirtschaftspolitik für Großunternehmen wie Andritz und OMV vor friedenspolitische Maßnahmen in der Ukraine." Der Schwerpunkt seiner Russland-Reise sei nicht die Diplomatie, sondern "eine von OMV und Andritz diktierte Handelspolitik."
"Statt Kritik an Russland übt Mitterlehner Kritik an der Linie der EU gegenüber Russland. Dieses anti-europäische Verhalten ist untragbar", so die Grüne weiter. Sie ist der Meinung, Mitterlehner begehe einen "moralischen Bruch", so Windbüchler in einer Stellungnahme gegenüber der "Presse". Wichtig sei nun zu klären, ob es tatsächlich zu einem Bruch der EU-Sanktionen gekommen sei. "Handelsbeziehungen um jeden Preis zu erreichen, ist die falsche Strategie", sagt die Grüne.
"Aus außenpolitischer Sicht nicht nachvollziehbar"
Fragen an den Vizekanzler habe sie genug, vor allem zu den geplanten 26 Investitionsvorhaben, der Pipeline Nord Stream 2 und "kolportierten, aber geheim gehaltenen, Absichtserklärungen". Laut Windbüchler stehe Nord Stream 2 "aus gutem Grund in der europäischen Kritik, geht es doch einmal mehr um eine absichtliche Umgehung der Ukraine. Das Projekt ‚South Stream‘ wurde zu Recht auf Eis gelegt, jetzt unterstützt Österreich die Ostsee-Pipeline, das ist aus außenpolitischer Sicht nicht mehr nachvollziehbar."
(Red.)