Wenn St. Pölten und Wien gemeinsam ein Großprojekt verüben, ist breite Lektüre nötig, um ein Zipfelchen Wahrheit zu sehen.
Die Arbeit am Projekt „Skylink“ des Flughafens Wien-Schwechat ist zum Erliegen gekommen. Der Terminal war 2004 mit 280 Millionen Euro, 2006 bei Baubeginn mit 401 Millionen Euro veranschlagt worden und hätte 2008 eröffnet werden sollen. Jetzt nähern sich die Kosten rasch einer Milliarde Euro, und nur Optimisten reden noch von der Fertigstellung im Jahr 2011. Vorerst aber wurde ein Baustopp verhängt.
Ein „Polit-Desaster“ wittert die „Kronen Zeitung“ und tadelt das Versagen von „roten und schwarzen Polit-Günstlingen“ in Vorstand und Aufsichtsrat der Flughafen AG. Diese haben „durch Unfähigkeit einen Schaden von einer halben Milliarde Euro angerichtet“. Das dürfte auch Landeshauptmann Pröll (ÖVP) begriffen haben. Er tauschte den zuständigen Finanzvorstand Domany gegen Ernest Gabmann aus, der sich laut „Standard“ in „Niederösterreichs Sümpfen bestens auskennt“, dort Prölls Stellvertreter und Finanzlandesrat war.
Domany wird von der SPÖ der Schwarze Peter zugeschoben. Folgerichtig macht ihn auch die Wiener U-Zeitung „Heute“ zum Sündenbock. Schon Ende Mai heißt es dort: „Trotz Bau-Skandal: +65 Prozent Gage für Vorstand“. 432.300 Euro habe Domany 2005 gekriegt, als das Debakel bereits klar absehbar war – man vergisst dabei zu erwähnen, dass auch die zwei roten Vorstände so viel kassieren.
Zu Recht? Nicht für die „Oberösterreichischen Nachrichten“, die im März exklusiv über den Skandal berichtet haben. Sie erinnern an die roten Herren von Bürgermeister Häupls (SPÖ) Gnaden: „Den Grundstein für das Desaster haben freilich Kaufmann und Schmid gemeinsam mit Domanys Vorgänger, Kurt Waniek, gelegt. Sie entschieden sich dagegen, einen Generalunternehmer (für Skylink) zu bestellen. Sie trafen bereits vor Domanys Eintritt alle Entscheidungen über Berater und Firmen.“
Durchstarten mit Baustopp? Wie wertet „Krone“-Schwester „Kurier“ die Bruchlandung? „Durchstarten beim Skylink“ hofft sie und lässt Prölls rechte Hand, die den Stopp durchgesetzt hat, träumen: „Gabmann ist zuversichtlich, dass die Gesamtkosten deutlich unter die 830 Millionen Euro gedrückt werden können.“ Der mehrheitlich dem Raiffeisen-Konzern gehörende „Kurier“ tröstet: „Trotz allem kommt Skylink günstiger als der vergleichbare neue Terminal 2 am Flughafen München.“
Für günstig hat das bis vor Kurzem vielleicht auch eine andere Raiffeisen-Firma gehalten. Dazu muss man aber das „Wirtschaftsblatt“ lesen: „Mit der eigentlichen Projektleitung war im Sommer 2008 Raiffeisen Evolution betraut worden. Der Vertrag ist mittlerweile ,konsensual‘ beendet, als neuer Projektleiter wurde Norbert Steiner bestellt, der schon beim Regierungsviertel in St. Pölten eine Schlüsselposition hatte.“ Skylink sei eine „Irrfahrt der Sonderklasse“. Für Planer, Architekten und Techniker sei es aber ein Eldorado.
Was ist also geschehen? Lassen wir den Wirtschaftsressortleiter der „Presse“ zu Wort kommen: „In Wien-Schwechat hat die öffentliche Hand ganze Arbeit geleistet.“ Und wie reagieren die rechte und die linke Hand des Skylink? Lässt sie den Rechnungshof die Schweinereien klären? Auf der offiziellen Homepage des Flughafens heißt es am 1.Juli: „,Die Flughafen Wien AG würde einer möglichen Prüfung durch den Rechnungshof gelassen entgegensehen, erklärt Peter Kleemann, Pressesprecher der Flughafen Wien AG. Aus rechtlicher Sicht ist jedoch eine Rechnungshofprüfung nicht möglich.“ Auch diese Kalkulation ist wahrscheinlich voll daneben.
norbert.mayer@diepresse.comdiepresse.com/mediator
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2009)