Wiener Flughafen: Rechnungshof, übernehmen Sie!

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wie Betriebe im Einflussbereich der öffentlichen Hand mit Konsulentenhonoraren umgehen, und warum der Rechnungshof den skandalgebeutelten Wiener Flughafen einfach prüfen muss. Ein alpenländisches Sittenbild.

Die Wiener Flughafen AG, die mit ihrem Skylink-Terminal gerade dabei ist, den größten Bauskandal seit dem AKH zu produzieren, wehrt sich gegen eine Prüfung durch den Rechnungshof. Angesichts einer seltsamen Baukostenüberschreitung von mehr als 100 Prozent und bisher aufgelaufenen „Konsulentenhonoraren“ über 135 Mio. Euro durchaus verständlich.

Schade, denn gerade der Umgang mit solchen Honoraren zeigt immer wieder sehr schön, wie von der öffentlichen Hand beherrschte Betriebe (und dazu gehört der Wiener Flughafen ganz ohne Zweifel) mit Geld umgehen. Der Rechnungshof hat notgedrungen viel Erfahrung damit.

Ein kleines Schlaglicht liefert beispielsweise eine vom Rechnungshof vor rund einem Monat veröffentlichte „Follow-up“-Überprüfung der Bundesbahnen. Die ÖBB sind bekanntlich jenes Staatsunternehmen, das mehr als vier Mrd. Euro Subvention benötigt, um einen Marktumsatz von rund zwei Mrd. Euro zu produzieren. Und das gerade prozessiert, weil es eine sinnlose 600-Mio.-Euro-Wette gegen die Deutsche Bank verloren hat. Die Summen, um die es im Folgenden geht, sind in diesem Umfeld also „Peanuts“. Aber so schön symptomatisch.

Die ÖBB haben also laut Rechnungshof mit einer Rechtsanwaltskanzlei einen bis 2017 (!) laufenden „Rahmenvertrag“ abgeschlossen, der sie verpflichtet, nicht näher definierte Leistungen über 4,5 Mio. Euro abzunehmen.

Rechtsanwälte kann man zwar normalerweise auch ganz ohne Rahmenvertrag konkret beauftragen, aber nicht, wenn man sich spezielle Konditionen sichern will: Die in diesem Rahmenvertrag vereinbarten Honorare liegen laut Rechnungshof nämlich um 15 bis 30 Prozent über denen, die die Bahn üblicherweise bezahlt. Und das Beste: Wenn die Bahn keine Leistungen „abruft“ – die Rechtsanwaltskanzlei also gar nicht tätig wird –, muss sie dafür „mindestens“ 2,9 Mio. Euro „Entschädigung“ leisten. Und falls der freihändig vergebene Vertrag aus vergaberechtlichen Gründen erfolgreich angefochten wird, steht der Kanzlei eine „Abgeltung des Gewinnentgangs“ von 20 Prozent der vereinbarten Gesamtsumme zu.

Fragen Sie jetzt bitte nicht nach dem Geisteszustand des ÖBB-Managers, der unter so etwas seine Unterschrift setzt. Dafür gibt es leider nur strafrechtlich relevante Ausdrücke. Die Aufdeckung dieses vertragsrechtlichen Geniestreichs durch die RH-Prüfer ist bisher auch ohne Konsequenzen geblieben. Aber wenigstens dokumentiert ist die Sache jetzt.

Das würde man sich auch beim Flughafen wünschen. Geht aber nicht, sagt der dortige Vorstand. Der Rechnungshof darf nämlich nur prüfen, wenn die öffentliche Hand eine beherrschende Stellung hat. Beim Flughafen halten die Bundesländer Wien und Niederösterreich aber „nur“ 40 Prozent. (Mit der auch nicht ganz politikfernen Betriebsratsstiftung sind es freilich 50, das aber nur nebenbei.)

Jetzt prüfen – erraten – externe Konsulenten, wer dort wofür Verantwortung trägt. Rausgeschmissenes Geld!

Wenn man eins und eins zusammenzählen kann, ist die Sache nämlich ganz einfach: Absolute Herrscher in der Flughafen AG sind die Bundesländer Wien und Niederösterreich. Der Beweis: Nach dem schnellen Abgang des Finanzchefs Domany hat Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll am 18. Februar 2009 blitzartig seinen Stellvertreter Ernest Gabmann zum Flughafen-Vorstand ernannt und schon am 19. Februar die Landesregierung umgebildet. Er konnte das vorab tun, weil er wusste, dass der für die Bestellung formal zuständige Aufsichtsrat unter der Präsidiale seines treuen Parteigängers Johannes Coreth bei seiner Sitzung am 20. Februar wie gewohnt spuren würde.

Wer einem Unternehmen einfach so und noch vor den lästigen Gremialbeschlüssen ein Vorstandsmitglied aufs Auge drücken kann, der beherrscht dieses auch. Und zwar total. Also: Rechnungshof, übernehmen Sie!

Bleibt noch die Frage, wer im Vorstand für das Multimillionendesaster verantwortlich war und ist. Die Antwort ist einfach: die Herren Domany (ÖVP), Kaufmann (SPÖ) und Schmid (SPÖ). Und zwar kollegial. Da lässt das Aktiengesetz wenig Spielraum zu. Dass die verbliebenen Herrschaften bis 2014 verlängert wurden und Domany noch bis zum September Gage bezieht, zeigt nur, dass öffentliche Hände als Eigentümer nicht taugen. Geschehen ist das Debakel unter den wohlwollenden Augen eines aus rot-schwarzen Parteigängern zusammengesetzten Aufsichtsrats, dem man im allerfreundlichsten Fall auf gut Wienerisch ziemlich „schasaugertes“ Agieren zugestehen muss.

Alles klar, liebe Vorstände und Politiker? Bitte sehr, gern geschehen. Das anfallende Konsulentenhonorar von, sagen wir, einer Million Euro zzgl. MwSt. (ohnehin nur 0,8 Prozent des bisherigen Honorarvolumens) überweisen Sie bitte innerhalb von 20 Tagen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.07.2009)

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