"Arctic Sea": Experten vermuten Waffenschmuggel

(c) EPA (SOVFRACHT/HANDOUT)
  • Drucken

Die "merkwürdige Geschichte" um das drei Wochen lang verschollene Schiff könne eigentlich nur mit illegalem Waffenhandel erklärt werden, sagen Schiffahrts-Experten. Offiziell transportierte die "Arctic Sea" Bauholz.

Am Montag befreite eine Fregatte der russischen Schwarzmeerflotte den seit fast drei Wochen rätselhaft verschwundenen Frachter "Arctic Sea". Das Schiff war nach russischer Darstellung Opfer eines Piratenangriffs. Doch nach wie vor sind viele Fragen offen: Im Dunkeln bleiben der Verlauf der Entführung, die Motive der Täter - und was der Frachter tatsächlich geladen hatte. Offiziell transportierte die "Arctic Sea" Bauholz im Wert von 1,3 Millionen Euro.

Die "merkwürdige Geschichte" um das mit Holz beladene Schiff könne aber eigentlich nur mit illegalem Waffenhandel erklärt werden, sagte der estnische EU-Referent für Piraterie, Tarmo Kõuts, der in Tallinn erscheinenden Zeitung "Postimees" (Mittwoch). Auch der Leiter des russischen Zentrums für Militärplanungen, Oberst Anatoli Zyganok, hält einen Militärtransport für wahrscheinlich. "Ich denke, es geht um Rüstungsgüter", sagte er der Moskauer Zeitung "Gaseta". Holztransporte würde sich, Kouts zufolge, am besten für den Schmuggel von Waffen eignen: Flügelraketen etwa seien darunter am besten zu verstecken.

"Bestimmte mysteriöse Fracht"

Schon kurz nach dem Verschwinden wurden Spekulationen über eine mögliche "geheime Ladung" laut. Der Schifffahrtsexperte Michael Woitenko, Chefredakteur des russischen "Seefahrer Bulletin", mutmaßte bereits am Freitag, dass das Schiff eine "bestimmte mysteriöse Fracht" geladen habe, etwa besonders wertvolles oder gefährliches Material. "Eine bestimmte dritte Partei, die das Schiff übernommen hat", sei nun unter allen Umständen entschlossen sicherzustellen, dass die Fracht ihren Empfänger nicht erreiche, spekulierte er. Der Vizechef der russischen Seefahrergewerkschaft, Viktor Portenko, vermutete, Russland wolle einen Waffenhandel nach Westafrika unbedingt vertuschen.

Russland hatte die gesamte Atlantikflotte und Kriegsschiffe der Schwarzmeerflotte für die Suche nach der "Arctic Sea" abgestellt. Dieser "ungeheure Aufwand" sei nur dadurch zu erklären, dass an Bord des Schiffs wohl Waffen geschmuggelt worden seien, sagte Piraterie-Referent Kouts.

Aktuell herrscht "Informationsstopp"

Laut offiziellen russischen Angaben sollte die mit Holz beladene "Arctic Sea" am 4. August an der algerischen Küste anlegen. Seit 29. Juli fehlte jede Spur. Das verschollene Schiff einer finnischen Reederei war am Montag vor der Küste der Kapverden im Atlantik gefunden worden. (mehr: Chronologie eines Verschwindens). Die Schwarzmeerflotte befreite die 15 russischen Seeleute am Montag. Das russische Schiff "Ladny" nahm die Männer an Bord. Sie würden befragt, um herauszufinden, was in den vergangenen zwei Wochen tatsächlich passiert ist (mehr: Ein Frachtschiff und viele Fragen).

Aktuell herrscht von offizieller Seite ein Informationsstopp. Die finnische Polizei kündigte an, die Öffentlichkeit "sobald wie möglich, spätestens aber am 24. August" zu informieren. Der russische Nato-Botschafter Dmitrij Rogozin meinte am Dienstag, dass zuvor gezielt Falschinformationen über den Aufenthaltsort des Frachtschiffes gestreut wurden, um die Operation nicht zu gefährden.

(Ag., Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Weltjournal

"Arctic Sea": Totgeglaubter Seemann unter den Piraten

Die vergangene Woche auf dem finnischen Frachter gefassten mutmaßlichen Piraten sin vermutlich vorbestrafte Kriminelle aus Estland. Sie beteuern nach wie vor, "friedliche Umweltschützer" zu sein.
Weltjournal

Nato: Arctic Sea war nie verschollen

Die Nato soll immer gewusst haben, wo sich der "verschollene" Frachter befunden hat. Jedoch habe sie sich bewusst herausgehalten und Russland die Sache alleine klären lassen - aus Angst vor diplomatischen Verwicklungen.
Weltjournal

Russland: Programm gegen Piraterie statt Spekulationen

Die Besatzung und die mutmaßlichen Entführer der "Arctic Sea" werden weiter verhört. Der russische Nato-Botschafter hielt den Westen dazu an, sich weniger mit der Ladung des Frachters auseinanderzusetzen.
FILE RUSSIA ARCTIC SEA SHIP
Weltjournal

"Arctic Sea": Versicherung erhielt Lösegeldforderung

Anfang August forderte ein Unbekannter eine Million Euro. Er drohte, die Besatzung des mysteriös verschwundenen und mittlerweile wieder aufgetauchten Frachters zu erschießen und das Schiff zu versenken.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.