Tusk und Juncker wollen London keine Sonderregelungen gewähren. Für einen Zugang zum EU-Binnenmarkt muss es Personenfreizügigkeit akzeptieren.
Beim ersten Gipfel der EU-Staaten in der Geschichte der Union ohne das Vereinigte Königreich, machten Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Ratspräsident Donald Tusk klar: Die Briten könnten nicht "à la carte" am Binnenmarkt teilnehmen. Jeder, der am EU-Binnenmarkt teilhaben wolle, müsse sich "ohne Ausnahmen" an strenge Kriterien halten.
Im Gleichklang betonten beide nach dem informellen Gipfel der 27 in Brüssel , dass "die vier Grundfreiheiten geachtet" werden müssen, darunter die Personenfreizügigkeit. Tusk und Juncker wiesen damit den Wunsch Großbritanniens zurück, am EU-Binnenmarkt teilzunehmen und zugleich die Grenzen für Arbeitskräfte aus anderen EU-Staaten schließen zu können. Angesprochen auf das weitere Prozedere mit dem Vereinigten Königreich betonten beide, dass es keine Austrittsverhandlungen geben werde, solange London nicht den Antrag nach Artikel 50 gestellt habe.
Gesundheitsminister Jeremy Hunt hatte am Montag gesagt, dass London zunächst einen Deal mit der Europäischen Union über die Einwanderungskontrolle abschließen solle, "bevor die Uhr zu ticken beginnt". Hunt brachte ein zweites Referendum über einen solchen Deal ins Spiel, was von Beobachtern als Versuch gewertet wurde, eine weitergehende Sonderregelung für Großbritannien innerhalb der EU herauszuschlagen
London pocht auf informelle Verhandlungen
Auf Schottlands Unabhängigkeitsbestrebungen von Großbritannien und einen EU-Beitritt angesprochen sagte Juncker am Mittwoch, "Schottland muss seine Stimme in Brüssel geltend machen". Er werde der schottischen Regierungschefin Nicola Sturgeon bei ihrem Besuch am Abend in Brüssel "aufmerksam zuhören". Aber "weder Donald Tusk noch ich haben die Absicht, uns in interne britische Verfahren einzumischen".
Das britische EU-Austrittsgesuch könnte jedoch noch lange Zeit auf sich warten lassen. Premierminister David Cameron hat am Mittwoch klargemacht, dass London bereits vor einem formellen Antrag nach Artikel 50 mit der EU verhandeln will. Auch mehrere seiner Nachfolgekandidaten, darunter der Londoner Ex-Bürgermeister Boris Johnson, hatten durchblicken lassen, dass sie keine Eile mit dem Gesuch haben.
"Sie haben 'Keine Verhandlungen ohne Notifizierung' gesagt, aber ich glaube nicht, dass das Gespräche ausschließt, die der neue Premierminister mit seinen Partnern oder mit den Institutionen haben kann, damit wir ordentlich rauskommen", sagte Cameron im Londoner Unterhaus in Anspielung auf die Zwei-Jahres-Frist für einen EU-Austritt ab der Aktivierung von Artikel 50.
(APA)