Ipso bildet Flüchtlinge zu psychosozialen Beratern aus.
Die Hilfe, die ein junger Flüchtling in Deutschland gebraucht hat, um sein Leben wieder in den Griff zu bekommen, saß in Kabul, schaute in eine Webcam – und hörte zu. Der minderjährige Flüchtling war verzweifelt, kämpfte mit Ohnmachtsgefühlen und Heimweh, hatte seit Monaten nicht mehr die Schule besucht. Nach drei Beratungsgesprächen mit einem Landsmann „hat er seinen Sinn wieder gefunden“, erzählt Inge Missmahl.
Missmahl ist die Gründerin von Ipso, einer humanitären Organisation, die psychosoziale Beratung für Menschen in Not bereitstellt. In Afghanistan kann sie bereits auf einige Erfolge zurückblicken: In jeder öffentlichen Klinik sitzt dort ein Berater, der nicht-medikamentöse Therapien für Menschen mit traumatischen Erfahrungen anbietet, 110.000 Menschen konnte so in den letzten beiden Jahren geholfen werden. Weil nicht alle, die eine solche Hilfe brauchen würden, eine Klinik aufsuchen können (oder wollen), begann Ipso, psychosoziale Beratung auch über eine eigene Online-Videoplattform anzubieten.
Integration fördern
Die wird jetzt auch von Flüchtlingen in Deutschland genutzt, für die die Hilfe durch eine Person aus der Heimat, die ihre Sprache und Kultur versteht, „ein unschätzbarer Vorteil“ sei, so Missmahl – und für die es im überlasteten Gesundheitssystem oft keine adäquate Betreuung gibt. Bald sollen Flüchtlinge in Deutschland auch selbst Menschen aus ihrer Heimat helfen können und damit „Akteure ihrer eigenen Integration werden“: In Berlin und Erfurt bildet Ipso Flüchtlinge mit entsprechendem Hintergrund – im Idealfall einer Hochschulbildung im psychologischen oder medizinischen Bereich – zu psychosozialen Beratern aus. „Was wir, mit deutschem Steuergeld finanziert, in Afghanistan aufgebaut haben, kommt jetzt auch der deutschen Situation zugute“, erklärt Missmahl. Und nicht nur das: Bis Ende 2017 will Ipso genug Flüchtlinge ausbilden, um den Beratungsservice europaweit anbieten zu können. (kanu)