ZDF-Intendant Markus Schächter spricht heute im Parlament zum ORF. Der „Presse“ stand er vorab per Mail Rede und Antwort.
„Die Presse“: Wie sehen Sie die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Fernsehens im deutschen Sprachraum?
Markus Schächter: Wir werden in Zukunft im Leitmedium Fernsehen eine sehr exponierte Rolle spielen. Die gewaltige Veränderung der Medienlandschaft durch die Digitalisierung ist Herausforderung und Chance zugleich. Während die privaten Sender nach Geschäftsmodellen in der Neuen Welt suchen müssen, ist es unsere Aufgabe, hochwertige publizistische Angebote zu machen. Es wird immer schwerer, die Zuverlässigkeit von Informationen im Netz zu beurteilen. Ich bin sicher, dass in einer solchen Zeit ein gutes öffentlich-rechtliches Programmangebot wichtiger denn je wird.
Wie finden Sie die Performance des ORF?
Schächter: Ich sehe dort viele gute Programme, die ja auch in unseren gemeinsamen Kanal 3sat einfließen. Der ORF hat so viele Kultursendungen, wie kaum ein Rundfunk in einem anderen Land in Europa. Wie alle öffentlich-rechtlichen Anbieter steht auch der ORF vor der – nicht einfachen – Aufgabe, Qualität und Massenattraktivität in Einklang zu bringen.
ORF-General Alexander Wrabetz hat sich unlängst im „Presse“-Interview mit ARD/ZDF verglichen: Anders als der ORF würden Sie „in nur mehr geringem Ausmaß“ Zuschauer unter 50 Jahren erreichen. Warum?
Schächter: Der ORF hat gegenüber dem ZDF einen großen Vorteil: Er verfügt seit Langem über zwei Vollprogramme, mit denen er unterschiedliche Zuschauergruppen ansprechen kann. Darum habe ich ihn immer beneidet. Wir haben es in der Tat, wie die meisten anderen Öffentlich-Rechtlichen in Europa, zunehmend schwer, junge Zuschauer zu erreichen.
Wie steuern Sie gegen?
Schächter: Ein wichtiges Ziel unserer Digitalstrategie ist es, die Marke ZDF wieder stärker ans junge Publikum heranzubringen. Das gelingt auch ganz gut. Viele junge Menschen schauen in unserer Mediathek (On-Demand-Plattform im Internet, in der Sendungen nach Ausstrahlung abrufbar sind, Anm.) z.B. Nachrichten, Dokumentationen oder Serien an, die sie im Hauptprogramm nicht mehr sehen. Der Vorteil ist die Zeitunabhängigkeit und die Nutzung via Internet. Im November starten wir mit ZDFneo einen digitalen TV-Kanal, der vor allem Menschen zwischen 25 und 50 Jahren anspricht.
Sie haben im Frühling in den Streit um Chefredakteur Brender, der auf politischen Druck hin gehen sollte, eingegriffen. Muss sich ein öffentlich-rechtlicher Intendant auch gegen die Politik – von der er ja auch abhängig ist – durchsetzen können?
Schächter: Der Intendant des ZDF ist nicht abhängig von der Politik. Er muss sich aber mit seinen Gremien auseinandersetzen und verständigen. In dem Fall, den Sie ansprechen, hat der Verwaltungsrat das staatsvertragliche Recht, an der Berufung der Direktoren mitzuwirken. Ich habe das Vorschlagsrecht, muss aber ein Einvernehmen mit dem Gremium herstellen. Das ist mal leichter, mal schwerer, und manchmal kommt es zu einer öffentlich geführten Diskussion.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.09.2009)