Vor der heutigen Abstimmung im Handelsrat wurde eine Lösung mit Wallonien gesucht.
Brüssel/Wien. Noch einmal wurde am Montag versucht, den Zeitplan für die Unterzeichnung des Handelsabkommens zwischen der EU und Kanada (Ceta) zu retten. Nachdem Österreichs Bundeskanzler Christian Kern das teilweise Inkrafttreten nicht mehr blockieren will, blickten die EU-Regierungen auf die nächste Hürde in Wallonien. Die belgische Zentralregierung führte am Montag intensive Verhandlungen mit dem französischsprachigen Landesteil, dessen Regionalparlament am vergangenen Freitag ein Veto gegen Ceta eingebracht hatte. Am Montagabend wollten in Brüssel die Botschafter aller Mitgliedstaaten zusammentreten, um über eine Rettung des Abkommens zu beraten.
Doch bis zuletzt war unklar, ob vor der entscheidenden Sitzung der Handelsminister heute, Dienstag, noch eine Einigung gefunden werden kann. Einige wallonische Abgeordnete sind fundamentale Gegner einer Ausweitung des Freihandels und befürchten durch Ceta eine Vorentscheidung für das umstrittene Abkommen mit den USA (TTIP). Ein weiterer Teil aber dürfte aus anderen Gründen gegen die Umsetzung gestimmt haben. Dem Vernehmen nach ging es ihnen vor allem um Förderungen für ihre Region, die sie durch einen Sparhaushalt der belgischen Regierung gefährdet sehen. Sie argumentieren mit der notwendigen Hilfe für die Landwirtschaft, die durch Konkurrenz aus Kanada betroffen sein könnte.
Nächste Hürde wartet
Selbst wenn bis zur geplanten Unterzeichnung durch die Staats- und Regierungschefs am 27. Oktober noch eine Lösung in Belgien gefunden werden kann, ist die Zitterpartie nicht beendet. Denn für die gänzliche Umsetzung müssen noch alle nationalen Parlamente der Mitgliedstaaten das Abkommen ratifizieren. Bei diesen Abstimmungen geht es auch um die umstrittenen Sonderklagerechte für internationale Investoren, die von Ceta-Gegnern als Eingriff in die nationale Souveränität kritisiert werden. (ag./wb)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2016)