Machthaber Kim Jong-un hat den Plan, die US-Pazifikinsel Guam anzugreifen, vorerst beiseite gelegt. China setzt die Sanktionen gegen Pjöngjang um.
Pjöngjang/Washington. Die nordkoreanische Armeeführung hat dem Machthaber Kim Jong-un die Pläne präsentiert. Der Inhalt: Wie ein Raketenstart in Richtung der US-Pazifikinsel Guam ablaufen würde. Allein die Ankündigung eines derartigen Planes sorgte in den vergangenen Tagen für Säbelrasseln zwischen Pjöngjang und Washington – aber auch international für Nervosität.
Nun scheint sich Kim Jong-un jedoch um Deeskalation zu bemühen. Nach Erhalt der Pläne erklärte er, das Verhalten der USA „ein wenig länger“ beobachten zu wollen. Aber gleichzeitig drohte er damit, es sich jederzeit anders überlegen zu können, sollten die USA ihre „extrem gefährlichen und rücksichtslosen Handlungen auf der koreanischen Halbinsel“ fortführen. Auf der Insel Guam befindet sich ein wichtiger Militärstützpunkt der USA. Nachdem der Plan Nordkoreas bekannt geworden war, twitterte Präsident Donald Trump, dass militärische Lösungen vorbereitet worden seien. Verteidigungsminister Jim Mattis warnte ebenfalls davor, dass sich Nordkoreas Verhalten „sehr schnell zu einem Krieg zuspitzen“ könnte. Sollte ein Flugkörper US-Territorium treffen, dann sei „Game on“, so Mattis.
Japans Militärmanöver
Die Raketen, sollten sie gestartet werden, würden über Japan hinwegfliegen, daher hat Tokyo nun im Norden des Landes ein Militärmanöver begonnen. Unterdessen gab der südkoreanische Präsident Moon Jae-in an, dass ein Krieg ohne Zustimmung Südkoreas nicht ausbrechen könne; eine militärische Auseinandersetzung sei „um jeden Preis zu verhindern“. Die EU will sich für eine friedliche Beilegung des Konfliktes einsetzen, und auch die diplomatischen Kanäle der USA zeigen sich im Hintergrund um Entschärfung bemüht.
China, Nordkoreas Schutzmacht, ist zunehmend verärgert über die Provokationen aus Pjöngjang. Peking hat jüngst Sanktionen im UN-Sicherheitsrat gegen das stalinistisch regierte Land zugestimmt – und hat nun einen Importstopp für Eisen, Meeresfrüchte, Blei, Kohle und Erze aus Nordkorea verhängt. Die Maßnahme betrifft ein Drittel aller nordkoreanischen Exporte, zumal China der wichtigste Handelspartner des Landes ist. Experten zufolge ist dieser Druck aus China der hauptsächliche Grund, warum Pjöngjang nun einen Schritt zurückweicht. Bei einem drastischen Rückfall der Einnahmen kann die stalinistische Führung kaum mehr in die Entwicklung des Waffenarsenals investieren. Allerdings betrifft der chinesische Importstopp auch die ohnehin arme Bevölkerung. (ag.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2017)