Medizinkosten: Wien ist Spitzenreiter

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Symbolbild(c) Clemens Fabry
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Sowohl bei den Ausgaben als auch bei der Lebenserwartung in guter Gesundheit gibt es enorme Unterschiede zwischen den Bundesländern. Die Gründe dafür sind bisher kaum untersucht.

Die Gesundheitsausgaben in Österreich unterscheiden sich je nach Bundesland deutlich. So gibt beispielsweise Tirol im Vergleich eher weniger aus und weist eine geringe vermeidbare Sterblichkeit auf – gemeint sind frühe Todesfälle wie etwa Infektionskrankheiten oder Krebsfälle, die man hätte medizinisch verhindern können. In Wien hingegen ist es umgekehrt. Tiroler Frauen können zudem davon ausgehen, dass sie rund zehn Jahre länger gesund leben als Frauen im Burgenland.

Diese Erkenntnisse gehen aus einer aktuellen Studie mit dem Titel „Leistungskraft regionaler Gesundheitssysteme“ hervor. Maria M. Hofmarcher-Holzhacker, Direktorin des Instituts HealthSystemIntelligence und Research Associate am Zentrum für Public Health an der Medizinischen Universität Wien, hat sie im Auftrag von Philips Austria durchgeführt und wird sie heute, Dienstag, präsentieren.
Weitere detailliertere Ergebnisse der noch andauernden Untersuchung sollen in den kommenden Monaten vorgestellt werden. Dabei kommt auch heraus, dass die Gründe für die Unterschiede zwischen den Bundesländern bisher kaum analysiert sind. Denn die Informationssysteme zum Gesundheitswesen sind stark fragmentiert und unvollständig. Zwar verfügen der jeweilige Landesfonds, Gebietskrankenkassen und Landesstatistikämter über relevante Daten. Allerdings verläuft der Studienautorin zufolge die Zusammenarbeit zwischen diesen Akteuren nicht optimal.

Eine aktuelle Untersuchung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG zeigt, dass Österreich bei der Transparenz im Gesundheitssystem deutlich unter dem Wert anderer vergleichbarer Länder wie etwa Dänemark, Niederlande und Frankreich liegt.

„Hinzu kommt, dass die Kompetenzen in Sachen Gesundheit und Pflege auf Bund, Länder und teilweise sogar Gemeinden aufgeteilt sind“, sagt Hofmarcher-Holzhacker. „Das ist insbesondere deshalb problematisch, weil dadurch große Unterschiede zwischen den Bundesländern entstehen können.“ Für die Bevölkerung bedeute das, dass sie trotz weitgehend gleicher Sozialversicherungsbeiträge sehr unterschiedliche Leistungen erhalten würden.

Burgenland an letzter Stelle

Die Details der Studie: Da die Gesundheitsausgaben in Österreich nicht exakt ermittelt werden, basieren die Ergebnisse auf Daten von mehreren Quellen und Schätzungen. Demzufolge betrugen 2015 die gesamten Gesundheitsausgaben in Wien 4400 Euro pro Kopf, womit die Bundeshauptstadt Platz eins belegt. Gefolgt von Salzburg (4105 Euro) und Vorarlberg (4029 Euro).

Auf der anderen Seite der Skala weisen das Burgenland (3508 Euro), Oberösterreich (3738 Euro) und die Steiermark (3834 Euro) die geringsten Ausgaben pro Kopf aus. Im österreichweiten Schnitt liegen die Gesundheitsausgaben pro Kopf bei 3973 Euro.

Der private Anteil der Gesundheitsausgaben ist dabei mit 1029 Euro pro Kopf in Salzburg am höchsten, während Burgenländer (919 Euro) und Oberösterreicher (789 Euro) privat am wenigsten für ihre Gesundheit ausgeben (Österreichschnitt: 929 Euro).

Relevante Unterschiede gibt es auch bei der Lebenserwartung und der Selbsteinschätzung der Gesundheit. In Wien, im Burgenland und in der Steiermark leben Männer länger gesund als Frauen. Allerdings ist die Lebenserwartung in allen Bundesländern deutlich höher für Frauen als für Männer, im Durchschnitt 4,8 Jahre. Das zeigt der Studienautorin zufolge den bestehenden und wachsenden Gesundheits- und Pflegebedarf von Frauen, denn die Zunahme ihrer Lebensdauer ist nicht gleichbedeutend mit der Zunahme an gesunden Lebensjahren.

Ein Ost-West-Gefälle zeigt sich der Studie zufolge in praktisch allen Indikatoren, etwa bei der Lebenserwartung, der Zahngesundheit, bei der Lebensqualität chronisch Kranker und bei Depressionen. So geben beispielsweise in Wien sechs Prozent und im Burgenland 5,5 Prozent der Befragten an, depressiv zu sein, während es in Tirol nur etwa drei Prozent sind (altersstandardisierte Angaben).

Auffallende Unterschiede bestehen auch im Bereich der Altenpflege. Aktuellen Berechnungen des Fiskalrates (unabhängiges Gremium mit mehreren Experten aus dem Bereich des Finanz- und Budgetwesens) zufolge sind die Ausgaben pro Pflegetag in Wien fast doppelt so hoch (238 Euro pro Pflegetag) wie im Österreichschnitt (127 Euro). Im Gegensatz dazu sind diese Ausgaben in Salzburg sehr gering (91 Euro).

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