Für Trump ist die US-Justiz eine „Lachnummer“

Der Tod von fünf Landsleuten beim Terrorangriff in New York bewegt die Argentinier. Vor ihrer Ex-Schule, dem Instituto Politecnico in Rosario, halten sie die Erinnerung wach.
Der Tod von fünf Landsleuten beim Terrorangriff in New York bewegt die Argentinier. Vor ihrer Ex-Schule, dem Instituto Politecnico in Rosario, halten sie die Erinnerung wach.(c) REUTERS (MARCOS BRINDICCI)
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Der Präsident fordert die Todesstrafe gegen den Urheber des Halloween-Anschlags in New York. Der 29-jährige Usbeke zeigt keine Reue. Er hat das Attentat von langer Hand geplant und Probefahrten in New York unternommen.

Wien/Washington. Im Affekt ist Twitter-King Donald Trump oft nicht zu stoppen, und hinterher haben seine Mitarbeiter im Weißen Haus die größte Mühe, die Äußerungen des Präsidenten zu relativieren oder zu revidieren. Und so war am Donnerstag erst einmal keine Rede mehr davon, Sayfullo Saipev nach „Gitmo“ zu schicken, wie dies Trump tags zuvor erwogen hatte. Seine Berater überzeugten ihn davon, dass es keine gute Idee wäre, den usbekischen Halloween-Attentäter nach Guantánamo zu deportieren, wo die Verfahren meist langwierig und kompliziert sind. Das sei also leider nicht möglich, twitterte Trump hinterher.

An seinem harschen ersten Urteil änderte dies indes wenig. Selbstverständlich habe der Terrorist – in Trumps Worten „das Tier“ – nichts anderes verdient als die Todesstrafe. Es war ein Präjudiz gegenüber der Justiz, das die Gewaltenteilung des politischen Systems negiert – so „unpräsidentiell“ und unorthodox wie sein Regierungsstil. Die Justiz, so ereiferte sich der offenkundig von den Untersuchungen des Sonderermittlers Robert Mueller und der Blockade des Einreisebanns durch US-Gerichte entnervte 71-jährige Ex-Tycoon, sei nichts weiter als ein „Witz“ und eine „Lachnummer“. Trump forderte stattdessen ein härteres, schnelleres und klügeres Vorgehen.

„Innere Dämonen“

Dass Saipev bei der ersten Einvernahme keine Reue gezeigt habe und, im Gegenteil, von Stolz erfüllt gewesen sei; dass er den Wunsch geäußert habe, in seinem Spitalzimmer eine schwarze Fahne des Islamischen Staats (IS) aufzuhängen – dies erregte den Jähzorn Trumps. Der 29-jährige Usbeke, Vater dreier kleiner Kinder, gab an, den Anschlag von langer Hand geplant und eigens die Halloween-Feiern ins Visier genommen zu haben, um möglichst großen Schaden anzurichten – wie die Attentäter in Nizza am Nationalfeiertag und auf dem Berliner Weihnachtsmarkt.

Als Ort hat er demnach auch den stark frequentierten, für Fußgänger und Radfahrer geschaffenen Übergang an der Brooklyn Bridge unweit der New Yorker City Hall in Erwägung gezogen. Er war die Strecke am späteren Tatort am Hudson River probehalber abgefahren und unternahm auch an seinem Wohnort, Paterson, einer Vorstadt New Yorks in New Jersey und mit seinen Moscheen und Restaurants ein vitales Zentrum muslimischen Lebens, mehrere Übungsfahrten.

Bekannte Saipevs sprechen von einem unsteten Leben, von Umzügen und Unzufriedenheit, von wachsender Aggressivität und „inneren Dämonen“. Er erzählte Freunden von Rückkehrplänen nach Usbekistan, nachdem seine beruflichen Ambitionen gescheitert seien. Seine Kenntnisse des Korans seien nur rudimentär gewesen, erklärte ein Imam in Florida.

Auf Saipevs Handy fanden die Ermittler Tausende Fotos und Videos mit IS-Terrormotiven. Zum Attentat angeregt habe ihn Abu Bakr al-Baghdadi, der selbst ernannte Führer des gerade kollabierenden „Kalifats“ in Syrien und im Irak. Im ausgeliehenen Pick-up-Truck hinterließ der Attentäter eine handschriftliche, auf Arabisch und Englisch verfasste Notiz – ein islamisches Stoßgebet. All dies wird beim Prozess eine Rolle spielen.

Für Donald Trump stehen bei seiner zehntägigen Asien-Reise, zu der er heute via Hawaii aufbricht, indessen nicht der Terror und die Justiz im Vordergrund, sondern die Außen- und Wirtschaftspolitik.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.11.2017)

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