Folge 56. Der Bankangestellte Markus S. möchte sein Dienstverhältnis kündigen. Er befürchtet, dass er dadurch aber um seinen Bonusanspruch umfällt. Sind seine Sorgen berechtigt?
Unternehmen sehen variable Vergütungen wie Bonuszahlungen für ihre Mitarbeiter regelmäßig deshalb vor, um das Unternehmen für Bewerber besonders attraktiv zu machen und um bestehenden Mitarbeitern einen erhöhten Leistungsanreiz zu bieten.
Bonuszahlungen sollen aber oftmals auch bewirken, dass Mitarbeiter zumindest über einen gewissen Zeitraum an das Unternehmen gebunden werden. Bonusvereinbarungen sehen daher häufig Klauseln vor, wonach ein Mitarbeiter seinen Bonus nur dann erhält, falls das Dienstverhältnis während des gesamten Zeitraums, auf welchen sich der Bonus bezieht, aufrecht ist.
Dieser Zeitraum ist in der Praxis meist das Kalenderjahr oder das - vom Kalenderjahr abweichende - Geschäftsjahr (z.B. 1. Juli bis 30. Juni des Folgejahres). Scheidet der Mitarbeiter dann vor diesem Zeitpunkt aus dem Unternehmen aus, soll er nach solchen Klauseln überhaupt keinen Bonus bekommen. Man spricht hier von sogenannten „Stichtagsklauseln“. Diese Klauseln sind nach dem Angestelltengesetz (§ 16 Abs. 1) sowie der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs allerdings grundsätzlich unzulässig und daher vom Unternehmen nicht durchsetzbar.
Nach der bestehenden Rechtslage hat ein Mitarbeiter, der vor Ende des vereinbarten Bonuszeitraums (z.B. ein Jahr) das Unternehmen verlässt, Anspruch auf einen zeitanteiligen Bonus. Dies gilt auch bei ausdrücklicher Vereinbarung einer Stichtagsklausel und unabhängig von der Art der Beendigung des Dienstverhältnisses. Ein zeitanteiliger Bonus gebührt daher bei einem unterjährigen Ausscheiden sowohl bei einer arbeitgeberseitigen Kündigung oder Entlassung als auch bei einer Eigenkündigung durch den Mitarbeiter sowie bei der einvernehmlichen Auflösung des Dienstverhältnisses.
Ein Beispiel: Für das gesamte Bonusjahr (1. Jänner bis 31. Dezember) besteht Anspruch auf einen Bonus in Höhe von EUR 10.000. Der Mitarbeiter scheidet durch Eigenkündigung per Ende Juni aus. Er hat somit Anspruch auf einen Bonus in Höhe von EUR 5.000.
Vertragliche Ausnahmen
Dem Unternehmen können durch eine entsprechende Vertragsgestaltung aber dennoch erreichen, dass Mitarbeitern bei einem unterjährigen Ausscheiden aus Unternehmen der Bonus entzogen wird. Dies funktioniert so, dass in der Bonusvereinbarung ein sogenannter „Freiwilligkeitsvorbehalt“ vereinbart wird. Einer solcher Vorbehalt besagt, dass Mitarbeiter generell keinen Rechtsanspruch auf einen Bonus haben und dass dieser, wenn überhaupt, nur auf freiwilliger Basis ausbezahlt wird. Damit wird sichergestellt, dass Mitarbeiter von vornherein keinen Anspruch auf einen Bonus haben. Folglich haben Mitarbeiter auch bei einem vorzeitigen Ausscheiden keinen Anspruch auf einen zeitanteiligen Bonus.
Für die Wirksamkeit von Freiwilligkeitsvorbehalten bestehen nach der Judikatur allerdings hohe Maßstäbe. Solche Vorbehalte sind nur dann durchsetzbar, wenn die Freiwilligkeit einer Bonuszahlung nicht nur in der Bonusvereinbarung geregelt ist, sondern dem betreffenden Mitarbeiter gegenüber auch bei jeder Bonusauszahlung (nochmals) ausdrücklich mitgeteilt wird. Dies kann z.B. im jährlichen Bonusbrief, in dem der Mitarbeiter über die Höhe des informiert wird, erfolgen.
Fazit
Kündigt Markus S. sein Dienstverhältnis, hat er abhängig davon, wie lange er im laufenden Bonusjahr bereits im Unternehmen gearbeitet hat, Anspruch auf einen zeitanteiligen Bonus. Dieser Anspruch setzt allerdings voraus, dass er mit seinem Arbeitgeber keinen wirksamen Freiwilligkeitsvorbehalt vereinbart hat. In diesem Fall hätte das Unternehmen nämlich die Möglichkeit, die Auszahlung eines Bonus für das laufende Bonusjahr zur Gänze zu verweigern.

Philipp Maier ist Partner bei der internationalen Anwaltskanzlei Baker McKenzie und spezialisiert auf das Arbeitsrecht. Er berät insbesonders zu Transformationsprozessen, Arbeitszeitmodellen, Post Merger Integration und internationalen Entsendungen. Er ist Autor zahlreicher Publikationen und Vortragender im Arbeitsrecht.