Ticker Verhandlungstag 11 Die Befragung des Ex-Lobbyisten Hochegger im Buwog-Prozess wurde beendet. Als nächster wurde der frühere Immofinanz-Chef Petrikovics einvernommen. Er bekannte sich "nicht schuldig". Die "Presse" berichtete live aus dem Wiener Straflandesgericht
Zwei Überraschungen standen am elften Tag im Korruptionsprozess gegen den früheren Finanzminister Karl-Heinz Grasser und 13 weitere Angeklagte auf der Agenda. Beide wurden von Richterin Marion Hohenecker vorgetragen. Zum einen gab sie bekannt, dass die Strafsachen Buwog und Terminal Tower ab sofort getrennt voneinander behandelt werden. Das bedeutet: Jene fünf Beschuldigte, die sich nur in Zusammenhang mit der Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower verantworten müssen, durften den Großen Schwurgerichtssaal um die Mittagszeit verlassen.
Jene neun, die (auch) in der Affäre rund um den umstrittenen Verkauf der rund 60.000 Bundeswohnungen an das Österreich-Konsortium rund um Immofinanz und Raiffeisen Landesbank Oberösterreich im Jahr 2004 angeklagt sind, blieben übrig. Entsprechende Verhandlungstermine wurden bis 18. Oktober 2018 ausgegeben. Zitat der Richterin dazu: „Es sollte sich für jeden Beteiligten daneben noch ein Leben ausgehen.“
"Keiner darauf getippt?"
Die zweite Überraschung betraf die Reihenfolge der Einvernahme eben dieser Buwog-Beschuldigten. Nachdem die Befragung des teilgeständigen Ex-Lobbyisten Peter Hochegger (er belastet nicht nur Grasser, sondern auch dessen Vertrauten Walter Meischberger, den Immobilienmakler Ernst Karl Plech und sich selbst) durch die Verteidigerriege abgeschlossen war, rief Richterin Hohenecker nicht den (erwarteten) Grasser in die Saalmitte, sondern den ehemaligen Chef der Immofinanz, Karl Petrikovics. „Keiner darauf getippt?", fragte die Richterin, sichtlich amüsiert, in die Runde.
Petrikovics bekannte sich sodann „nicht schuldig“. Er schilderte, dass er sein ganzes berufliches Leben lang versucht habe, die Politik zu meiden - nur in Zusammenhang mit dem Buwog-Deal habe er anders agiert. Und nun sitze er hier, räumte er ein.
Wie es zu dem Deal („Es war sicher das beste Geschäft, das die Immofinanz je gemacht hat“) letztlich gekommen sei, beantwortete Petrikovics dann so: Er habe Hochegger damals nach seiner Einschätzung gefragt, ob es Sinn machen würde, wenn die Immofinanz Teil eines österreichischen Konsortiums werde und für die Wohnungen biete. Hochegger habe ihm dazu geraten, außerdem habe er ihm die Information beschafft, dass hinter der Konkurrenz, der CA Immo, auch die Bank Austria stehe. Dass diese Zusammenarbeit mit Hochegger über Plech zustande gekommen sei, bestritt Petrikovics. Ebenfalls unrichtig sei, dass in der Immobilienbranche die Angebotshöhe der CA Immo allgemein bekannt gewesen sei: „Das ist absoluter Nonsens.“
Die Bezahlung des halben Millionen-Honorars von Hochegger durch die RLB OÖ sei durch die Abrechnung beim Verkauf der Kärntner Wohnungsgesellschaft ESG Villach erfolgt, erläuterte Petrikovics. Dass der frühere RLB OÖ-Vorstand Georg Starzer das Honorat bestreite, verstand Petrikovics nicht: „Starzer hat hier, höflich formuliert, ein beschränktes Erinnerungsvermögen.“
Morgen, Donnerstag, um 9:30 Uhr wird die Verhandlung fortgesetzt.
Die Vorwürfe auf einen Blick
Causa Buwog: Die Korruptionsstaatsanwaltschaft geht davon aus, dass rund um die Privatisierung der Bundeswohnungen im Jahr 2004 Bestechungsgeld geflossen ist (9,6 Millionen Euro). Gekommen sein soll das Geld von dem im Bieterverfahren siegreichen Österreich-Konsortium um Immofinanz und RLB OÖ – gegangen über Umwege auf diverse Konten. Die Zahlung ist seit 2009 erwiesen, offen ist die Frage: Hat der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser Informationen weitergegeben, um sich (und andere) zu bereichern?
Causa Terminal Tower: Wie beim Buwog-Deal soll auch hier ein „Tatplan“ (bei Privatisierungsprojekten serienweise „mitschneiden“) befolgt worden sein. Und zwar: Grasser soll einen Teil der 200.000-Euro-Provision eingesteckt haben, die für die Einmietung der oberösterreichischen Finanzdienststellen in den Linzer Terminal Tower geflossen sein soll.
Alle Angeklagten bestreiten die Vorwürfe; es gilt die Unschuldsvermutung.
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