Bildungskarenz

Bildungskarenz - manchmal kommen sie wieder

(c) Marin Golemionv
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Das Arbeitsmarktinstrument ist dafür gedacht, Menschen höher zu qualifizieren, die danach in ihr altes Arbeitsverhältnis zurückkehren. Viele haben andere Pläne.

In der Personalistenszene ist Liz Pfeiffer (früher Hull) wohlbekannt. Auf unzähligen Events trat die Human Capital Leader als engagierte Botschafterin für ihren Arbeitgeber, das Beratungsunternehmen PwC, auf. 20 Jahre lang rekrutierte sie unermüdlich Nachwuchstalente an allen Universitäten Österreichs, hielt Vorträge, bewarb PwC als attraktiven Arbeitgeber.

Jetzt ist Liz Pfeiffer in Bildungskarenz. Die Aufzählung ihrer Kurse würde diesen Rahmen sprengen – sie drehen sich um systemisches Coaching, Leadership und Change Management. Im September endet ihre Auszeit. Ob sie dann zu PwC zurückkehrt?

„Ich kehre zu meiner Hauptleidenschaft zurück“, formuliert sie es diplomatisch, „zu Organisationsberatung und Führungskräfte-Coaching.“ Aus ihrer HR-Tätigkeit kenne sie zahllose Führungskräfte in ganz Europa und auch in Indien. Mit denen wolle sie künftig arbeiten – als Management Coach. In Verbindung mit PwC, aber nicht mehr als Mitarbeiterin.

Außerdem, erzählt sie, arbeite sie mit einer NPO zusammen, Concordia, die Kindern in Zentral- und Osteuropa ein selbstbestimmtes Leben ermögliche. „Die Unterbrechung hat mir Zeit gegeben, über meinen Purpose nachzudenken“, sagt die gebürtige Britin. „Mit Abstand wird vieles klarer.“

Zurück in den alten Job? „Nein.“

Ähnlich und doch anders die Geschichte von Robert Modliba, der früher bei der Post für Zustellungen, Logistikzentren und Qualitätsmanagement verantwortlich war. Nebenbei studierte er gern, schupfte berufsbegleitend drei Mastertitel. Sein Traum ist ein Doktorat, doch das, das wusste er, würde er nicht nebenbei schaffen.

Die Lösung auch hier: eine Auszeit, in der er konzentriert an seinem Forschungskonzept schreibt. Das macht er gerade. Ist es erst einmal approbiert, hofft er, nur mehr Fragebögen, Studien und Experimente „abarbeiten“ zu müssen. „Vielleicht ist das eine romantische Vorstellung, aber ich halte diese Belastung für geringer.“

Dann will er wieder dozieren. Das tut er seit ein paar Jahren nebenbei, nun soll es seine Hauptprofession werden. An der FH und der Privatuniversität, an denen er jetzt schon lehrt, benötigt er dafür keine Habilitation. Das wird sein Einstieg. Dann forschen, publizieren, Projekte aufsetzen, Drittmittel lukrieren. Zurück in den alten Job? „Nein.“

Lob der Bildungskarenz

Bildungskarenz ist ein wunderbares Arbeitsmarktinstrument. Gedacht dafür, Menschen höher zu qualifizieren, die sich in einem festen Beschäftigungsverhältnis befinden. Auf dass sie in ihr Unternehmen zurückkehren und dieses (und sich selbst) mit frischem Wissen aufwerten.

Hört man sich aber um, kommen viele nicht wieder (Zahlen werden dazu nicht erfasst). Daran ist nichts falsch: Dann kommt das frisch erworbene Wissen eben einem neuen Arbeitgeber zugute, einem Berufswechsel oder einer lang erträumten Selbstständigkeit - jedenfalls aber einem selbst.
Das ist wohl auch der Grund, weshalb Daniela Winnicki, Head of Communications & Public Affairs bei Bayer Austria, einigen Erklärungsbedarf hatte, als sie sich vor Kurzem in ihre Bildungskarenz verabschiedete. „Leb wohl“, sagten die Kollegen, „wir sehen uns ja nicht wieder.“ Winnicki versicherte, in einem halben Jahr zurück zu sein. Niemand glaubte ihr. Sie habe doch wohl andere Pläne?

Auf einen Blick

Sie musste erst ihr Killerargument abschießen: „Ich tue es für den Konzern.“
In jeder Krise erlebt das Arbeitsmarktinstrument der Bildungskarenz einen Boom. Laut AMS überstieg im Jahr 2021 die Zahl der Bezieher von Weiterbildungsgeld bereits in den ersten drei Monaten Jänner bis März (13.760 Personen) jene der Gesamtjahre 2020 (12.492) und 2019 (10.624) deutlich. Nur ein Teil der Karenzierten kehrt nach der Weiterbildungsmaßnahme in den alten Job zurück. Zahlen dazu gibt es keine.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 7. August 2021)

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