Bipa

Die pinken Sorgen des Handelsriesen

„Weil ich ein Mädchen bin.“ Die pinke Drogeriekette versucht mit ihrem neuen Slogan alte Versäumnisse gutzumachen und auch Männer als Kunden zu gewinnen.
„Weil ich ein Mädchen bin.“ Die pinke Drogeriekette versucht mit ihrem neuen Slogan alte Versäumnisse gutzumachen und auch Männer als Kunden zu gewinnen.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Marktführer Rewe ist angeknackst. Seine Bipa-Kette verschlief Trends und schließt bis zu 100 Filialen, die Supermärkte verlieren Boden an die Diskonter. Der Befreiungsschlag wird mühsam.

Wien. Exfußballer Michael Konsel flaniert durch eine lichtdurchflutete Bipa-Drogerie. Weil er „eben auch ein Mädchen“ ist. So lautet der Slogan zum Werbespot, der seit Ende des Vorjahrs über Österreichs Fernsehbildschirme läuft.

Dass diese Botschaft nötig wurde, ist das eigentliche Problem der Drogeriekette. Zu scharf war ihre Ausrichtung auf junge Mädchen. Das Signalpink, die Parfüms und Kosmetikartikel trieben die anderen – die Männer, die Älteren, die Gesundheitsbewussten und die Familien – stärker in die Arme des Konkurrenten DM. Dieser setzte auf Bio- und Naturprodukte, Nahrungsmittel und offene Räume und überholte Bipa 2015 mit einem Drittel weniger Filialen spielend.

Am Mittwoch konnte der österreichische Rewe-Chef, Marcel Haraszti, sichtbar erleichtert verkünden, dass Konsels Botschaft ankam: Im ersten Quartal stieg der Umsatz wieder um sieben Prozent. Schon Ende des Vorjahrs, das Bipa noch mit einem Minus von knapp vier Prozent schloss, zeichnete sich eine Trendwende ab. Jedoch ist sie teuer erkauft. Neben einem radikalen Sortimentswechsel werden die Filialen für je eine halbe Million bis eine Million Euro mit mehr Licht, Holz, warmen Farben und breiten Gängen ausgestattet. 80 der 600 Geschäfte wurden dieser Behandlung bereits unterzogen. Wo sie der Platz nicht erlaubt, sperrt man zu. In ein paar Jahren könnte sich die Filialzahl um bis zu 100 auf 500 Stück reduzieren, kündigt Haraszti an.

Neue Sorgen für neuen Chef

Gerade Marcel Haraszti war es, den Rewe-Vorstand Frank Hensel 2016 nach 15 Jahren im Osteuropa zur Schadensbegrenzung bei Bipa – und als seinen Thronfolger – heim nach Österreich holte. Am Mittwoch lud er erstmals an Hensels Stelle zur Präsentation der Bilanzzahlen 2017. „Wenn wir mit allen Firmen die Umsatzentwicklung von Bipa hätten, wäre ich sehr zufrieden“, betonte er vor den versammelten Journalisten.

Das ist keine Koketterie. Seit Haraszti auch für Billa, Merkur und Adeg zuständig ist und der Kölner Konzernmutter berichtet, hat er neue Sorgenkinder dazugewonnen. Zwar ist die Rewe-Gruppe mit ihren fast 1900 Supermärkten und 34,3 Prozent Marktanteil in Österreich nach wie vor die Nummer eins im Lebensmittelhandel. Aber je mehr sich Diskonter wie Lidl und Hofer in abgespeckte Supermärkte verwandeln, desto größer wird der Druck auf sie. Während Lidl gerade erst ein Umsatzwachstum von zehn Prozent verkündete, wuchs Billa als stärkste Linie des Hauses um 2,6 Prozent. Und während Österreichs gesamter Lebensmittelhandel 2017 laut AC Nielsen um gut vier Prozent wuchs, legten die Rewe-Supermärkte um nur zwei Prozent auf 7,55 Mrd. Euro zu.

Haraszti verweist auf das hohe Niveau, auf dem man spielt. Und er tritt die Flucht nach vorn an – dorthin, wo ihm die Diskonter schwer folgen können. Sein Schlachtplan für die kommenden Jahre lässt sich mit „Kundenzufriedenheit“ übertiteln. 0,1 Prozent weniger Markanteil bereiteten ihm weniger Kopfzerbrechen als ein unzufriedener Kunde, sagt er. Also will er ihm noch mehr Frische, mehr Regionalität, mehr und kleinere Geschäfte und mehr Bedienung durch besser ausgebildete Mitarbeiter bieten. 350 Mio. Euro fließen heuer großteils ins Filialnetz. Vor allem in Westen – in Tirol, Salzburg oder Oberösterreich – gebe es weiße Flecken und Nachholbedarf. Am Ende des Jahres heißt das: 92 neue oder umgebaute Filialen für Billa, zwölf neue oder sanierte für Merkur.

Ist der Kunde einmal im Geschäft, hat Haraszti noch einen Plan: Er wolle ihm helfen, den Überblick zu behalten. Daher soll der Aktionsteil von 30 Prozent langfristig sinken – „behutsam“, wie er betont. Schließlich sei der Kunde auf Rabatte konditioniert.

Dieser Plan dürfte auch dem Umsatz nützen. Anders als die Onlinevertriebskanäle. Mit ihnen macht Rewe aktuell 30 Mio. Euro, 17 Mio. Euro davon entfallen auf den schon 1999 eröffneten Billa-Onlineshop. „Es ist klar, dass wir online kein Geld verdienen“, sagt Haraszti. Das hatte schon sein Vorgänger Hensel oft betont. Online sei eine Zukunftsinvestition. Und der Kunde erwarte das Service. Ähnlich wie die Rabatte. (loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.04.2018)

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