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Was sagen die Arbeitgeber?

++ THEMENBILD ++ 'ARBEITSZEIT-FLEXIBILISIERUNG - 12-STUNDEN-TAG FUeR ARBEITNEHMER'
++ THEMENBILD ++ 'ARBEITSZEIT-FLEXIBILISIERUNG - 12-STUNDEN-TAG FUeR ARBEITNEHMER'APA/ROBERT JAEGER
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Wirtschaftskammer und Industrie sehen im Machtverlust der Gewerkschaft den Grund für den Widerstand. Die Beschäftigten würden ohnehin flexibler arbeiten wollen.

Die Sozialpartnerschaft scheint aus dem Gleichgewicht geraten, verfolgt man die Wortmeldungen zur geplanten Arbeitszeitflexibilisierung. Die Gewerkschaft spricht von "Lohnraub" und droht mit Kampfmaßnahmen. Industrie und die Wirtschaftskammer sprechen dagegen von dringend notwendigen Anpassungen und sehen im Gegenüber die Ursache dafür, dass hierzulande nichts weitergehe. Nicht die Beschäftigten würden die Flexibilisierung verhindern, sondern vielmehr die Gewerkschaften, die einen Machtverlust fürchten. Denn künftig müssen Arbeitgeber nicht mehr zu Betriebsrat und Gewerkschaft pilgern, ob sie aufgrund von Auftragsspitzen ihre Mitarbeiter länger als zehn Stunden arbeiten lassen können.

Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer verweist darauf, dass fallweise Elf- oder Zwölf-Stunden-Tage in weiten Bereichen ohnehin schon Normalität sind, etwa in Krankenhäusern oder im öffentlichen Dienst. Durch die Reform können junge Unternehmer und Start-ups flexibler auf Kundenaufträge reagieren, argumentiert die Junge Wirtschaft. Vor allem müsse auch dem durch die Digitalisierung erfolgten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel Rechnung getragen werden.

Wirtschaftsbund-Umfrage: 75 Prozent für mehr Flexibilität

Um zu zeigen, dass die Stimmung unter den Beschäftigten gar nicht so negativ ist, hat der ÖVP-Wirtschaftsbund bei GfK eine Studie in Auftrag gegeben, um die Stimmung bei den heimischen Beschäftigten auszuloten. Demnach sind 75 Prozent der Arbeitnehmer der Meinung, dass Unternehmer und Mitarbeiter wegen des internationalen Wettbewerbs flexibler sein müssen als früher. Ebenso viele der Befragten können sich sehr wohl vorstellen können, einen Zeitpolster aufzubauen, um dadurch mehr Freizeit konsumieren zu können.

»Die Arbeitnehmer-Vertretung ist in der neuen Arbeitswelt wohl noch nicht ganz angekommen«

Wirtschaftsbund

Für den Wirtschaftsbund ein Signal, dass die Mitarbeiter in den österreichischen Betrieben flexibler als Gewerkschaft und Arbeiterkammer sind. Das Fazit: "Die Arbeitnehmer-Vertretung ist in der neuen Arbeitswelt wohl noch nicht ganz angekommen".

Das Thema Arbeitszeit werde seit mehr als 15 Jahren verhandelt. Und die Arbeitnehmerseite habe dringende Anliegen sowohl von Beschäftigen als auch Unternehmen ignoriert und auf sozialpartnerschaftlicher Ebene beständig Lösungen blockiert, sagt die Industriellenvereinigung (IV). Die freiwillige Interessenvertretung der heimischen  Industrie möchte auch mit dem "Märchen eines generellen 12-Stunden-Tages oder einer generellen 60-Stunden-Woche" aufräumen. Solche Regelungen gebe es weder jetzt noch in Zukunft. Eine diesbezügliche Kampagne der Industrie vor der ÖGB-Zentrale sorgte für Ärger bei der Gewerkschaft.

Die IV wird jedenfalls nicht müde zu betonen, dass die Anhebung der maximalen Tageshöchstarbeitszeit lediglich bedeute, dass an einzelnen Tagen statt zwei künftig bis zu vier Überstunden pro Tag geleistet werden können. Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit dürfe sowieso 48 Stunden nicht überschreiten, wie es eine EU-Richtlinie vorsieht.

WKO: Aufträge können nicht angenommen werden

Der Industrie geht es um längeres Arbeiten, wenn etwa ein Projekt dringend abgeschlossen werden muss. Oftmals können Aufträge nicht angenommen werden, monieren Unternehmer. Die für den Standort überfällige Flexibilisierung der Arbeitszeit würde helfen, trotz Fachkräftemangels die viel zitierten "Auftragsspitzen" abdecken zu können. Mit "Überstundenklau" soll das nichts zu tun haben.

Österreich als stark exportorientiertes Land profitiere von der Internationalisierung. Der Außenhandel sichere immerhin 1,7 Millionen hochwertige Arbeitsplätze im Land. Daher verweist die IV auf den internationalen Vergleich, wonach es in den „Parade-Sozialstaaten“ Norwegen und Schweden nur Vorgaben für Ruhepausen gebe, aber keine gesetzlichen Höchstgrenzen für die tägliche und wöchentliche Höchstarbeitszeit. Ein 13-Stunden-Tag wäre dort daher möglich. Und über 80 Prozent der Unternehmen mit mehr als neun Mitarbeitern in Finnland, Dänemark und Schweden würden diese flexible Arbeitszeiten auch leben, führt die IV ins Treffen.

Auch der Tourismus, der oft händeringend nach Mitarbeitern sucht, verteidigt den Gesetzesentwurf. Die Wertschöpfung des Wirtschaftszweigs lag im Vorjahr bei 58,8 Milliarden Euro, immerhin 15,9 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Über 480.000 Menschen sind in der Branche beschäftigt. Dort sieht man mit den neuen Rahmenbedingungen eine große Chance, flexibel auf Gästeströme und die Bedürfnisse der Kunden zu reagieren. Denn: Die Ruhezeiten der Tourismus-Mitarbeiter können unter gewissen Bedingungen von elf auf acht Stunden verkürzt werden.

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