Ferienliebe und so: neue Comic-Kunst.
Ferienzeit als Zeit der ersten Liebe mit Herz und Schmerz und sonst noch was: Hatten wir das nicht schon? Ja, hatten wir. Selbst in einer vergleichsweise so jungen Gattung wie der Graphic Novel. Man denke an Craig Thompsons „Blankets“, 2004 erstmals auf Deutsch erschienen, vielfach ausgezeichnet und das zu Recht: als eines der bis heute einfühlsamsten Porträts früher Zuneigung und früher Zärtlichkeit.
Dem Franzosen Bastien Vivès, Jahrgang 1984 und also neun Jahre jünger als der US-Amerikaner Thompson, gelingt, was man eigentlich nicht für möglich gehalten hätte: Wie in seinem Band „Eine Schwester“ der 13-jährige Antoine und die drei Jahre ältere Urlaubsbekanntschaft Hélène entdecken, was da in diesen Jugendtagen zu entdecken ansteht, das hat jene Frische, jene Ehrlich- und Verletzlichkeit, jenes Schlingern zwischen Tiefen und Untiefen des Gefühls, kurz: all das, was man im allerbesten Fall vielleicht selbst einmal erlebt, wenn nicht, dann jetzt immerhin gezeichnet nachempfinden kann. (Aus dem Französischen von Heike Drescher, 212 S., geb., 24 Euro; Reprodukt, Berlin.)
Im Unterschied zu Vivès' sparsamem Gestus, der einzig aus der Strichführung die Dynamik seiner schwarz-weiß-grauen Panels bezieht, setzt sein italienischer Kollege Manuele Fior, längst eine fixe Größe des Metiers, häufig auf markante Koloration. Wie vielfältig sich sein Stil unterschiedlichen Sujets anzupassen vermag, zeigt sein Band „Die Tage der Amsel“, erschienen im Berliner Avant-Verlag. (Aus dem Italienischen von Carola Köhler, 104 S., geb., 22 Euro). Zehn Kurzgeschichten, ideal dafür geschaffen, die sequenzielle Kunst in all ihren Möglichkeiten zu erfahren.
Und dann ist da noch der Band „Kochen mit Kafka“ des Schotten Tom Gauld (aus dem Englischen von Christoph Schuler, 160 S., geb., 19 Euro; Edition Moderne, Zürich): Ein-Seiten-Panels, ursprünglich für den „Guardian“ oder die „New York Times“ geschaffen, voll hintergründigem Witz, voller Satire und respektloser Perspektive nicht zuletzt auf die Welt der Literatur. Ein intelligentes Großvergnügen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.07.2018)