Pakistan: Der Sportheld und Ex-Playboy, der zum Premier avanciert

Anhänger und Gegner verfolgten die TV-Ansprache der Sportikone Imran Khan.
Anhänger und Gegner verfolgten die TV-Ansprache der Sportikone Imran Khan.REUTERS
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Imran Khan erklärte sich zum Wahlsieger. Gegner raunen von Wahlmanipulation.

Wien/Islamabad. Mit braun gebranntem Gesicht und blütenweißem, langem Hemd präsentierte sich Imran Khan keine 24 Stunden nach Schließung der Wahllokale in Pakistan in einem TV-Auftritt in Islamabad. Trotz zahlreicher Vorwürfe seiner politischen Gegner wegen angeblicher Wahlmanipulation deklarierte sich der charismatische 65-jährige Gründer der PTI, der Bewegung für Gerechtigkeit, als Sieger. „Es war eine historische Wahl“, erklärte er – freilich nur teilweise ein Bruch mit der 71-jährigen Geschichte, in der abwechselnd die Militärs und die rivalisierenden Dynastien der Bhuttos und Sharifs die Politik Pakistans bestimmten.

Mehr als 20 Jahre hatte der einst belächelte Sportheld und Ex-Playboy auf diesen Moment gewartet. „Ich bin ein Sportsmann“, hatte der frühere Kricketstar, der das pakistanische Team 1992 als Kapitän und Schlagmann zur Weltmeisterschaft geführt hatte, im Vorfeld gesagt. „Ich werde den Sieg nicht proklamieren, bis nicht der letzte Ball gespielt sein wird.“

Alle Stimmen waren indessen längst nicht ausgezählt, da das elektronische System ausgefallen war. Es gab bereits zahllose Anfechtungen und Einsprüche wegen Wahlfälschung und Einschüchterung – was die Befürchtungen vor der Wahl zu bestätigen schien, die die Omnipräsenz der Armee vor und in den Wahllokalen hervorgerufen hatte. Doch Khan, der vor der Wahl als leichter Favorit galt und neuerdings als Mann des Militärs, lag in einer Mehrheit der Wahlkreise in Führung. Von einer absoluten Mehrheit war er allerdings noch ein Stück weit entfernt. Und so stieg die Wahrscheinlichkeit für ein Wahlbündnis Khans mit kleineren, religiösen Parteien.

Pikanter Ausgleich mit USA

Dies hinderte Imran Khan nicht daran, sein Regierungsprogramm für ein „neues“ Pakistan zu formulieren, in dem der Kampf gegen die Korruption und die Armut eine zentrale Rolle einnimmt – zwei seiner Prioritäten. Außenpolitisch kündigte Khan Verhandlungen mit dem Erzfeind Indien in der Kaschmir-Frage an, dem Streitfall für drei Kriege auf dem Subkontinent. Zugleich strebt er als künftiger Premier eine zumindest wirtschaftliche Annäherung mit China an, das schon Milliarden an Dollar in Infrastruktur-Prestigeobjekte in Pakistan gepumpt hat.

Am delikatesten ist womöglich der Ausgleich mit den USA, dem einst so wichtigen Verbündeten im Antiterrorkrieg, dem Partner und zugleich Gegner im seit fast 17 Jahre tobenden Afghanistan-Krieg. Der mächtige Militärgeheimdienst ISI, der ehemalige Protektor der Taliban, hält immer noch seine schützende Hand über die Stammesgebiete im unwegsamen afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet. Dubios ist die Rolle des Militärs bei der Suche nach dem Terrorpaten Osama bin Laden, der jahrelang in der Garnisonstadt Abbottabad Unterschlupf gefunden hatte.

Im Wahlkampf hatte Khan mit antiamerikanischen Parolen aufhorchen lassen, mit Tiraden gegen den Drohnenkrieg der USA und die Fehler in der US-Strategie gegen die Taliban. Vom Playboy in Londons Partyszene und der PR-Ikone mit liberaler Weltanschauung über den Parteigründer und Sponsor karitativer Projekte und einer Krebsklinik bis zum frommen Muslim und Premier in spe hat Imran Khan einen weiten Weg zurückgelegt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2018)

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