Anhaltender Schneefall und starker Wind verschärfen die Situation auf den Bergen. In der Steiermark wurde am Dienstagnachmittag die höchste Warnstufe ausgerufen.
Wien. Nach einer kurzen Unterbrechung am Dienstag wird starker Schneefall, der bis Freitagfrüh anhalten wird, die Lawinensituation in weiten Teilen Österreichs noch einmal dramatisch verschärfen. In den steirischen Nordalpen herrschte bereits am Dienstagnachmittag die höchstmögliche Lawinenwarnstufe („sehr groß“). Meteorologe Florian Pfurtscheller vom Wetterdienst Ubimet rechnet damit, dass die Stufe 5 auch an weiteren Orten ausgerufen wird. Es ist erst das dritte Mal seit Einführung der fünfteiligen Skala nach 1999, als es zur Lawinenkatastrophe in Galtür kam, und Anfang 2018 – ebenfalls in Tirol.
Ansonsten herrschte am Dienstag in Westösterreich großteils Stufe 4 („groß“). Welche Regionen sind in den kommenden Tagen besonders gefährdet? Und ist der viele Schnee für die Skipisten Fluch oder Segen? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
1. Wo in Österreich wird in den kommenden Tagen der stärkste Schneefall erwartet?
50 bis 80 Zentimeter, stellenweise sogar ein Meter Neuschnee werden bis Freitagfrüh entlang der Nordalpen erwartet – also vom Arlberg über die Tiroler Alpen und den Karwendel bis in den nördlichen Pinzgau, Tennengau und ins Mostviertel. Bis auf Wien, das Burgenland und Kärnten werden sämtliche Bundesländer zumindest teilweise betroffen sein, auch in Tiefenlagen unterhalb von 600 Metern.
Wegen des zusätzlichen starken Windes (bis zu 100 km/h), der zu Schneeverfrachtungen und somit Schneebrettern führt, geht Pfurtscheller davon aus, dass spätestens am Freitag in weiteren Regionen – etwa in Vorarlberg – die Warnstufe 5 ausgerufen werden wird. In den steirischen Nordalpen – von Dachstein bis Rax – war es als Vorsichtsmaßnahme bereits am Dienstagnachmittag soweit. Das bedeutet nicht nur, dass mächtige Staublawinen jederzeit ohne Zusatzbelastung abgehen und Geschwindigkeiten von bis zu 300 km/h erreichen können, sondern auch, dass bewohnte Gebiete im Gefahrengebiet liegen. Zu dieser Situation geführt hat auch der Umstand, dass notwendige Sprengungen kaum möglich sind – wegen Schneefalls und Windes können viele Berge nicht mit Hubschraubern angeflogen werden.
Auch die Lawinenverbauungen stoßen an ihre Grenzen. Für Samstag und Sonntag ist Wetterberuhigung mit weniger Schnee- und Regenfall angesagt. Wie es ab Sonntagabend weitergeht, ist aber noch unsicher.
2. Was bedeutet das Winterwetter für den Straßen- und Schienenverkehr?
Wegen der Lawinengefahr und Bäumen, die durch die Schneelast und den Wind umstürzten, sind bereits jetzt viele Straßen in den betroffenen Gebieten gesperrt. Mit weiteren Sperren von Straßen und Bahnverbindungen und auch Problemen der Stromversorgung ist bis Freitag zu rechnen. Im niederösterreichischen Hochkar musste die Gemeinde Göstling (Bezirk Scheibbs) sogar das Bundesheer um Hilfe bitten. Die Hochkar-Alpenstraße bleibt – ebenso wie das Skigebiet – bis auf Weiteres gesperrt.
3. Sollte man verschneite Hausdächer freischaufeln oder lieber abwarten?
Abwarten. Zwar steigt die Schneelast auf vielen Gebäuden, aber noch dürfte die Gefahr nicht besonders hoch sein, da der Schnee nicht sehr nass und somit nicht schwer genug ist, um Dächer zum Einstürzen zu bringen. Sollte es ab Sonntag weiterhin schneien und regnen, könnte sich die Situation aber ändern. In diesem Fall wird geraten, das Freischaufeln von Dächern der Feuerwehr zu überlassen, da die Gefahr des Abstürzens oder Durchbrechens zu groß ist.
4. Sparen die Skigebiete Geld, weil sie keine Schneekanonen benötigen?
Ja, davon ist auszugehen. Der viele Schnee wird wochenlang liegen bleiben und erspart den Skigebieten den Einsatz von Schneekanonen. Vor allem kleine Skigebiete ohne die finanziellen Möglichkeiten der großflächigen Beschneiung profitieren davon. Abgesehen davon bedeuten heftige Schneefälle Werbung für Skigebiete, denn Wintersportler wissen: Sobald die Lawinengefahr nachlässt, herrschen perfekte Bedingungen. Dass derzeit viele Pisten wegen der Lawinengefahr gesperrt sind und anschließend präpariert werden müssen, wird für die meisten Skigebiete leicht zu verkraften sein.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.01.2019)