Ein Sieg mit Nachgeschmack

Pedro Sánchez hat es jetzt endlich doch geschafft: Nach all den Misserfolgen, Rückschlägen und Enttäuschungen der letzten Jahre, die seinen Sozialisten in Spanien auch erniedrigende Rekordmisserfolge bescherten, machte der Premier seine Partei wieder zur stärksten Politkraft im Land. Erstmals seit 2008.

Sánchez' Siegestaumel im roten Fahnenmeer dürfte aber nicht allzu lang angedauert haben. Nach dem unerwarteten Erfolg bei der Parlamentswahl am Sonntag wurde der telegene Premier sehr schnell wieder von der ernüchternden Realität eingeholt: vom zermürbenden Alltag einer mühsamen Koalitionsbildung und der nahezu unmöglichen Aufgabe, eine halbwegs stabile Regierung auf die Beine zu stellen. So hatten die Sondierungsgespräche gestern noch gar nicht begonnen, da erfolgten schon erste gewichtige Absagen: Die liberalen Ciudadanos lehnten eine Koalition mit Sánchez ab. Bei einer solchen originellen Kooperation hätte es zumindest den Hoffnungsschimmer auf Stabilität und Budgetdisziplin gegeben.

Stattdessen zeichnen sich lange Verhandlungen ab, die letztlich doch wieder zu einer wackeligen Minderheitsregierung führen dürften, deren Überleben von der radikal-linken Podemos und unberechenbaren Separatisten abhängt. Offen ist nicht nur, wie diese Konstellation vier Jahre durchhalten soll. Unklar ist vor allem, wie eine solche schwache Regierung Spaniens Mammutprobleme – von Katalonien-Krise bis hin zu fragiler Wirtschaftslage – bewältigen will. Das Charisma des Premiers wird nicht genügen.

E-Mails an:susanna.bastaroli@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Spanien: Mammutprozess befeuert Kataloniens Separatisten

Das Verfahren gegen katalanische Sezessionisten geht in die Endrunde: Der Staatsanwalt forderte in seinem Schlussplädoyer 25 Jahre Haft für den Hauptangeklagten. Die Unabhängigkeitsbewegung spricht von „Repression“.
Außenpolitik

Pedro Sánchez vor schwieriger Aufgabe

Spaniens Sozialistenchef hat Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erhalten.
King Felipe VI of Spain R greets Spanish Prime Minister Pedro Sanchez L at Zarzuela Palace in
Außenpolitik

Spaniens Sozialisten vor schwieriger Regierungsbildung

Der spanische König Felipe beauftrage Pedro Sanchez mit der Regierungsbildung - doch diese dürfte sich alles andere als einfach gestalten. Dass katalanische Separatisten inhaftiert sind, könnte einen Vorteil für Sanchez bedeuten.
Die inhaftierten katalanischen Separatistenführer Sanchez und Junqueras nehmen an der Parlamentssitzung in Madrid teil.
Außenpolitik

Spanien: Häftlinge ziehen ins Parlament ein

An der konstituierenden Sitzung der Volksvertretung nahmen auch vier katalanische Politiker teil, die vor Gericht stehen. Lang werden sie ihr Mandat aber wohl nicht ausüben dürfen.
Der Sozialist Pedro Sánchez feiert seinen Wahlsieg.
Außenpolitik

Sánchez auf schwieriger Partnersuche

Nach dem Sieg der Sozialisten schließt Premier Koalition mit liberaler Ciudadanos und linker Podemos aus.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.