Das schwammige Gesetz Guantánamos

schwammige Gesetz Guantnamos
schwammige Gesetz Guantnamos(c) REUTERS (POOL)
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Im Jahr 2009 erließ Barack Obama den „Military Commissions Act“. Ein Handbuch dazu wurde erst am Abend vor der Anhörung Omar Khadrs freigegeben. Die Verteidigung kritisiert den Spielraum für den Richter.

Heute, Samstag, ist der vierte Tag, an dem ich die Anhörung zum Fall Omar Khadr verfolge. Dabei fällt ein Punkt besonders auf: Immer wieder unterbricht der Richter, um sich über Details zum Military Commissions Act 2009, dem zugrundeliegenden Gesetz, zu informieren. Die Journalisten werden dann aus dem Raum gebeten. Die Öffentlichkeit soll nicht erfahren, wie schwammig die Rechtsprechung des Tribunals ist.

Das unausgereifte Gesetz zu den Militärtribunalen wird von Menschenrechtsorganisationen immer wieder kritisiert. Obama erließ den Rohentwurf wenige Monate nach Amtsantritt, vor allem um den "Military Commissions Act" seines Vorgängers George W. Bush außer Kraft zu setzen. Doch auch ein 268 Seiten starkes Handbuch, das das Pentagon am Tag vor Beginn der Anhörung Khadrs freigab, lässt dem Richter zuviel Spielraum, meint die Verteidigung.

Richter muss erst klären, was zu tun ist

So unterbrach Richter Pat Parrish für knapp zwei Stunden, als Khadr am zweiten Verhandlungstag der Anhörung fernblieb. „Wir mussten erst abklären, was wir zu tun haben“, ließ er die wartenden Reporter später wissen. Schließlich informierte Parrish den 23-jährigen Khadr, dass die Anhörung ohne ihn fortgesetzt wird.

Bisher war Khadr nur am ersten der vier Verhandlungstage anwesend. Die Sicherheitsvorkehrungen während des Transportes vom Lager zum Gerichtssaal seien erniedrigend, gab er zu Protokoll. Einmal wollte der 23-jährige während der Fahrt zum Gericht die Augenmaske nicht aufsetzen, ein anderes Mal verweigerte er den Soldaten das Abtasten seiner Hüfte. Dem Militär zufolge zählen diese Checks vor einem Transport seit Jahren zum Standardprozedere.

Seit acht Jahren in Guantánamo

Khadr soll 2002 als 15-jähriger bei einem Gefecht in Afghanistan einen US-Soldaten mit einer Handgranate getötet haben. Seit knapp acht Jahren befindet er sich in Guantánamo. In der aktuellen Anhörung will der Richter herausfinden, ob Khadrs Geständnisse unter Folter zustande kamen. Sollte das der Fall sein, könnte der Kanadier bald freikommen. Allerdings wird der Familie Khadrs eine Verbindung zu al-Qaida nachgesagt. Omar Khadr sei eine Gefährdung für die nationale Sicherheit der USA, argumentiert die Anklage.

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