Machtkampf in Washington um Mueller-Bericht eskaliert weiter

US-Justizminister Bill Barr wird  "Missachtung" des Parlaments vorgeworfen
US-Justizminister Bill Barr wird "Missachtung" des Parlaments vorgeworfenREUTERS
  • Drucken

Ein US-Kongressausschuss beschuldigt Justizminister Barr der "Missachtung" des Parlaments. Donald Trump junior wird vor den Senatsausschuss als Zeuge vorgeladen.

Der Machtkampf in Washington um den Ermittlungsbericht zur Russland-Affäre nimmt immer dramatischere Züge an: US-Präsident Donald Trump heizte den Streit am Mittwoch mit der Ankündigung an, dem teils von der Opposition dominierten Kongress die unredigierte Fassung des Reports vorenthalten zu wollen.

Ein Kongressausschuss wiederum beschuldigte Justizminister Bill Barr formell der "Missachtung" des Parlaments, weil er dem Gremium keine Version des Reports ohne geschwärzte Stellen ausgehändigt hat.

"Wir befinden uns jetzt in einer Verfassungskrise", sagte der Demokrat Jerry Nadler, Vorsitzender des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, nach dem Votum seines Gremiums gegen Barr. Die Demokraten betrachten die Weigerung der Regierung, den Bericht von Sonderermittler Robert Mueller ohne die vielen geschwärzten Passagen der veröffentlichten Fassung auszuhändigen, als Angriff auf die Gewaltenteilung und die Rolle des Parlaments als Aufsichtsinstanz.

Privileg des Präsidenten

Das Weiße Haus hatte wenige Stunden vor dem Votum im Justizausschuss angekündigt, dass Trump dem Gremium den kompletten Mueller-Bericht unter Berufung auf das sogenannte Exekutivprivileg verweigern will. Laut diesem Privileg hat der Präsident das Recht, dem Kongress oder auch Gerichten bestimmte Informationen oder Dokumente vorzuenthalten. Wie weit diese Befugnis geht, ist allerdings nicht genau definiert und war in der Vergangenheit immer wieder heftig umstritten.

Präsidentensprecherin Sarah Sanders nannte die von Nadler ausgestellten Anforderungen "rechtswidrig und verwegen". Dessen "verzweifelte Machenschaften" hätten als einziges Ziel, von der "historisch erfolgreichen" Politik Trumps abzulenken.

Nadler wiederum bezeichnete die Berufung auf das Exekutivprivileg als "dramatischen Schritt" und "klare Eskalation". Mit 24 gegen 16 Stimmen stimmte der Justizausschuss dann für den Resolutionsentwurf, in dem der Justizminister der "Missachtung" des Kongresses beschuldigt wird. Der Text wird nun dem Plenum der Kongresskammer zur Abstimmung vorgelegt.

Die Demokraten werfen Barr vor, im Umgang mit dem Mueller-Bericht als willfähriger Helfershelfer Trumps zu agieren. Der Minister gebärde sich wie der "persönliche Anwalt" Trumps und nicht wie der oberste Strafverfolger des Landes, sagte Nadler. Barr hatte den Ermittlungsbericht als vollständige Entlastung des Präsidenten gewertet - eine Deutung, die sich Trump natürlich euphorisch zu eigen machte.

Trump-Sohn muss aussagen

Doch hatte der Sonderermittler in seiner fast zweijährigen Untersuchung zwar keine hinreichenden Belege für illegale heimliche Absprachen des Trump-Teams mit Russland während des Wahlkampfs 2016 gefunden - vom Vorwurf aber, später die Ermittlungen zu den Russland-Kontakten in strafrechtlich relevanter Form behindert zu haben, entlastete er den Präsidenten ausdrücklich nicht.

Die jetzige Beschuldigung des Justizministers wegen "Missachtung" des Kongresses bezieht sich aber konkret darauf, dass dieser eine Subpoena - also verbindliche Aufforderung - des Ausschusses ignoriert hatte, dem Gremium den unredigierten Mueller-Bericht auszuhändigen.

Barr gestattete zwar Nadler und einigen anderen führenden Kongressmitgliedern die Einsicht in den kompletten Bericht. Laut Nadler ist ihm aber nicht erlaubt, die daraus gewonnenen Informationen mit seinen Kollegen im Ausschuss zu teilen. Der Demokrat kritisierte, dass diese beschränkte Form der Einsichtnahme für den Ausschuss nutzlos sei.

Letztlich könnte der Streit um den Zugang zum Mueller-Report, um Barrs Verhalten gegenüber dem Kongress und das Exekutivprivileg in lange und zähe gerichtliche Auseinandersetzungen münden.

Die Russland-Affäre beschäftigt im Übrigen aber nicht nur das von den Demokraten beherrschte Repräsentantenhaus, sondern auch den von Trumps Republikanern kontrollierten Senat weiter. Laut US-Medienberichten stellte der Geheimdienstausschuss des Senats eine Subpoena an den ältesten Präsidentensohn Donald Trump junior aus. Er soll zu den mutmaßlichen russischen Wahlkampfeinmischungen aussagen. Der Trump-Sohn hatte sich im Juni 2016 mit einer russischen Anwältin getroffen.

(APA/AFP)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

 Donald Trump junior
Außenpolitik

Trump-Sohn erneut im Kongress zu Russland-Affäre befragt

Auf eine Reporterfrage, ob er eine mögliche juristische Verfolgung wegen Meineids fürchte, antwortete der 41-Jährige: "Überhaupt nicht".
Außenpolitik

Sonderermittler heizt Debatte um Amtsenthebung von Trump an

Sonderermittler Mueller hält an seinem Verdacht fest, dass US-Präsident Donald Trump sich der Justizbehinderung schuldig gemacht hat. Die Tiraden auf Mueller von Trump ließen nicht lange auf sich warten.
FILES-US-politics-investigation-Congress-Mueller
Außenpolitik

Robert Muellers großer Auftritt

Der Sonderermittler tritt ab und lässt die Nation wissen, dass er Donald Trump keineswegs für unschuldig hält. Nun ist der Kongress am Zug, die Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens scheint möglich.
Baptistenprediger Jerry Falwell hat mit einem Tweet, dessen Wirkung der US-Präsident mit einem Retweet prompt multipliziert hat, eine Phantomdebatte in den USA ausgelöst.
Außenpolitik

„Two more Years“: Trump und die Phantomdebatte

Hat der Präsident wegen der „Hexenjagd“ eine Verlängerung seiner ersten Amtszeit verdient? Das suggeriert ein Tweet des Baptistenführers Jerry Falwell Jr.
Die Erkenntnisse von Sonderermittler Robert Mueller werden nun ins Internet gestellt.
Außenpolitik

Der Mueller-Bericht: 400 Seiten und viele offene Fragen

Heute veröffentlicht der US-Justizminister den Bericht von Sonderermittler Mueller. Zwar hat sich eine Kooperation des Trump-Lagers mit Moskau nicht als stichhaltig erwiesen, dennoch könnte es unangenehm für den Präsidenten werden. Eine politische Schlammschlacht ist sicher.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.