Schwarz-Gelb in Nordrhein-Westfalen abgewählt

SchwarzGelb NordrheinWestfalen abgewaehlt
SchwarzGelb NordrheinWestfalen abgewaehlt(c) AP (Markus Schreiber)
  • Drucken

CDU und FDP können in Düsseldorf nicht weiterregieren. Damit verliert die Regierung in Berlin ihre Mehrheit im Bundesrat. SPD und Grüne gehen als Sieger hervor.

Schwarz-gelb ist weg – das wurde am Sonntag bereits kurz vor Schließung der Wahllokale in Nordrhein-Westfalen bekannt. Um 18 Uhr dann die Sensationsmeldung: Die SPD liegt mit der CDU gleichauf – im Lauf des Abends wechselte Platz eins noch mehrmals zwischen den beiden Parteien, zuletzt lag die CDU bei 34,6 %, ihrem historisch schlechtesten Ergebnis in NRW, die SPD bei 34,4 %. Die Grünen erreichten 12,2, die FDP 6,8 Prozent, die Linkspartei schaffte mit 5,4 % erstmals in Nordrhein-Westfalen den Einzug in den Landtag. Durch die Abwahl von CDU und FDP in Düsseldorf verliert Schwarz-Gelb die Mehrheit im Bundesrat.  

Reicht es für Rot-Grün? Das war nun die brennende Frage. „Drückt die Daumen: Stärkste Partei und Rot-Grün, das ist es, was wir für Nordrhein-Westfalen wollen“, feuerte SPD-Spitzenkandidatin Hannelore Kraft ihre jubelnden Fans an. Kurz nach 19 Uhr errechnete das ZDF, dass SPD und Grüne über genügend Mandate verfügen, um eine Regierung zu bilden, aber fest stand vorläufig nichts. Wer also mit wem? Große Koalition, Rot-Grün, Rot-Rot-Grün oder Schwarz-Grün? Angesichts der knappen Zahlen und eines hohen Anteils von Briefwählern konnte es knapp, der Abend noch lang werden.

Während bei CDU und FDP deprimiertes Schweigen herrschte, bevor man knapp die „schmerzlichen Verluste“ eingestand, vermochte Kraft den Jubel zuerst kaum zu übertönen: „Schwarz-gelb ist abgewählt!“, rief sie dann, „wir haben eine tolle Aufholjagd hingelegt seit der Bundestagswahl.“ Von NRW gehe eine Botschaft hinaus ins ganze Land: „Die SPD ist wieder da.“ De facto fuhr die SPD zwar eines ihrer schlechtesten Ergebnisse in NRW ein, aber der Vergleich zu den 23 Prozent bei der Bundestagswahl und die Abwahl von Schwarz-Gelb machen die Sozialdemokraten, gemeinsam mit den Grünen, zu den Siegern des Abends.

Linke erstmals im Landtag

Die große Frage war, ob die SPD bereit wäre, auch die Linkspartei an Bord zu holen, wenn es für Rot-Grün nicht reicht. CDU und FDP hatten im Wahlkampf massiv vor einem rot-rot-grünen Bündnis gewarnt. Kraft lavierte bis zuletzt, wohl um ein Debakel wie in Hessen zu vermeiden. Dort hatte ihre Parteikollegin Andrea Ypsilanti vor der Wahl eine Zusammenarbeit mit Linken kategorisch ausgeschlossen, danach jedoch umgeschwenkt. In Nordrhein-Westfalen erklärten jedenfalls die Grünen, sie wären für ein Bündnis unter Einschluss der Linkspartei offen.

Bei CDU und FDP herrschte in Düsseldorf wie in Berlin Katzenjammer. Rüttgers machte die Startschwierigkeiten der Bundesregierung in hohem Maß mitverantwortlich und sprach von bitteren Ergebnissen – „da kann man nicht drum herumreden“. Zugleich betonte er, NRW müsse weiterhin stabil regiert werden. Zwischen den Zeilen heißt das: große Koalition oder Schwarz-Grün. Noch hoffte Rüttgers auf Platz eins.

FDP-Kandidat Andreas Pinkwart bedauerte es, dass die schwarz-gelbe Regierung in Düsseldorf es nicht geschafft habe, ihre gute Bilanz der vergangenen fünf Jahre entsprechend darzustellen. In Berlin nannte Parteichef Guido Westerwelle das Wahlergebnis einen „Warnschuss: Wir müssen das verlorene Vertrauen zurückgewinnen“. Für die Liberalen, die bei der Bundestagswahl fast 15 Prozent erreicht hatten, war es ein klarer Absturz. Erste Analysen zeigen, dass auch die eigenen Wähler die Steuerpläne ablehnten.

Gegenwind für Bundesregierung

Die Strategie der Regierung in Berlin war es gewesen, mit größeren Gesetzesprojekten bis nach der NRW-Wahl zu warten. Daran gab es auch innerhalb der Union Kritik. Seit längerem ist der Wirtschaftsflügel mit der Bundeskanzlerin und Parteichefin Angela Merkel unzufrieden und drängt nun auf Konsequenzen. Neuerdings hat sich auch eine Gruppe von Landespolitikern gebildet, die sich um das konservative Profil der CDU sorgen. Generalsekretär Hermann Gröhe räumte am Wahlabend den „schwierigen Start der Koalition in Berlin“ und „zu viel unnützen Streit auf offener Bühne“ ein. Der ehemalige CDU-Verteidigungsstaatssekretär Willy Wimmer forderte gar den Rücktritt Merkels.

Wie auch immer die Debatten bei Union und FDP nun laufen: Nach der monatelangen Lähmung muss Berlin richtig zu regieren beginnen. Was ohne Bundesratsmehrheit noch schwieriger wird.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

NRW: Der 10. Mai als Zäsur, auch für Berlin

Die Bundesregierung hat mit größeren Gesetzesprojekten bis nach der Landtagswahl zugewartet. Auch in Düsseldorf warten dringende Probleme.
NordrheinWestfalen Seismograf Rhein Ruhr
Außenpolitik

Nordrhein-Westfalen: Seismograf für ganz Deutschland

Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. Wie das größte deutsche Bundesland tickt und es der gesamten Republik den Takt vorgibt. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers droht eine Niederlage gegen Rot und Grün.
GERMANY ELECTIONS MERKEL
Außenpolitik

Wahlkampffinale: Merkel warnt vor Rot-Rot-Grün

Vor den Landtagswahlen im bevölkerungsreichsten Bundesland Deutschlands warnt die derzeit regierende CDU-FDP-Koalition vor einem rot-rot-grünen Bündnis. Der Wahlausgang gilt als völlig offen.
NordrheinWestfalen Nervoese Blicke nach
Außenpolitik

Nordrhein-Westfalen: Nervöse Blicke nach Düsseldorf

Die Landtagswahlen könnten die schwarz-gelbe Regierung in Berlin die Mehrheit im Bundesrat kosten. Merkel und Westerwelle fürchten sich vor Denkzettel. Am Sonntag wird gewählt.
Nordrhein-Westfalen - FDP - Andreas Pinkwart
Außenpolitik

Nordrhein-Westfalen: FDP doch für "Ampel"-Koalition offen

Nach der Landtagswahl im deutschen Nordrhein-Westfalen ist die FDP nun doch zu Verhandlungen mit der SPD und den Grünen bereit. Sie fordern aber, dass die SPD ein Bündnis mit den Linken ausschließt.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.