Die Neos wollen Schulen ins 21. Jahrhundert holen. 30 Millionen Euro aus der Schulbuchaktion sollen dafür zweckgewidmet werden. Sie nennen das einen „Masterplan“. Ihr Zukunftspartner Helmut Brandstätter wohl eher nicht.
Wien. Der Blick fällt beim Eintritt in das helle Dachgeschoß auf das große Plüsch-Einhorn, den knallpinken Flamingo und die gut gefüllten Sesselreihen. Es haben diesmal ungewöhnlich viele Medienvertreter in der „Neosphäre“, dem Hauptquartier der Pinken, Platz genommen. Immerhin gab es die erste inhaltliche Pressekonferenz des politischen Quereinsteigers Helmut Brandstätter zu erleben. Dabei wollte der „Zukunftspartner“, wie der Ex-„Kurier“-Herausgeber genannt wird, die „Schulen ins 21. Jahrhundert holen“.
Zuerst sprach Brandstätter aber lieber einmal über sich selbst – über die „aufregenden Wochen“ und seine „hoffentlich steile Lernkurve“ in der Politik. Er habe schon gemerkt, dass es auf der anderen Seite des Mikrofons nicht immer einfach ist. Als Politiker müsse man auf alle Fragen eine Antwort geben – „auch auf die, bei denen ich selbst noch keine habe“. Er verspreche aber, diese in Zukunft noch zu finden. Im Bildungsbereich müsse er nicht mehr nach Antworten suchen. Hier kenne er sie schon. Denn damit habe er sich bereits früher auseinandergesetzt.
Und so forderte Brandstätter eine bessere Kinderbetreuung. Dazu zählen für ihn ein Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz ab dem ersten Geburtstag und der Ausbau der Ganztagsschulen. „Die Eltern sollen ihre Kinder gut aufgehoben wissen“, sagte der Medienroutinier mit tiefer und selbstsicherer Stimme. Dann schien der Neo-Politiker kurz in seine alte Herausgeberrolle zu schlüpfen und begann vom erfolgreichen „Kurier“-Lernhaus, einem Lernhilfeprojekt, zu erzählen.
Die eigentliche Nachricht der Partei, nämlich, wie die Schulen ins 21. Jahrhundert geholt werden sollen, durfte dann Douglas Hoyos verkünden. Der Nationalratsabgeordnete ist der Bildungssprecher der Neos und wird das auch (vorerst) bleiben – obwohl sich Brandstätter um die Themen Bildung, Wissenschaft und Forschung kümmern will.
Hoyos präsentierte in seiner ausführlicheren und längeren Stellungnahme den „Masterplan Digitalisierung“. Dafür packte er ein Foto des HP 9830A aus. Der sperrige, uralt wirkende Computer sei im Jahr 1972 verkauft worden. Das sei, wie Hoyos sagte, genau das Jahr, in dem in Österreich die Gratis-Schulbuchaktion startete. Seither habe sich, wie man schon am Bild des Computers erkennen könne, viel getan. Die Ausstattung und der Unterricht in den Schulen hätten damit aber nicht Schritt gehalten. Nur rund sechs Prozent der Mittelschulen und Gymnasien führen Klassen mit schülereigenen Notebooks oder Tablets. „Eigentlich eine Katastrophe“, so Hoyos.
30 Millionen Euro für Tablets
Deshalb wollen die Neos alle Schüler mit solchen Geräten versorgen. Von den jährlich rund 100 Millionen Euro, die derzeit in die Schulbuchaktion fließen, sollen künftig 30 Millionen Euro in die Anschaffung von Tablets, den Ausbau der IT-Infrastruktur und die Anpassung der Unterrichtsmaterialien gesteckt werden. So sollen innerhalb von vier Jahren alle Schüler ab der fünften Schulstufe mit Tablets ausgestattet werden.
Zweifel an bisherigen Plänen
Das Versprechen von Tablets für alle Schüler hat es schon früher des Öfteren gegeben. Ex-SPÖ-Parteichef Christian Kern hat es in seinem „Plan A“, abgegeben und auch die türkis-blaue Regierung machte damit Schlagzeilen. Sie nannte ihr Konzept schon damals „Masterplan Digitalisierung“, wie nun die Neos. Was also ist der Unterschied? Türkis-Blau habe, wie Hoyos sagt, den Masterplan zwar x-mal präsentiert, aber nie ein ganzes Konzept vorgelegt, „ich bezweifle, dass es das überhaupt gibt“.
Da schaltete sich Brandstätter doch noch einmal in das Gespräch ein: „Beim Wort Masterplan bin ich sowieso schon skeptisch.“ Damit hat er nicht nur Türkis-Blau kritisiert, sondern indirekt auch den eigenen Auftritt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.08.2019)