Über kaum ein Ressort wurde in den vergangenen Wochen weniger spekuliert als über Gesundheit. Ohne allzu viel Prestige und Macht fristet das – künftig grüne – Ministerium seit jeher ein Schattendasein. Wie man dennoch mit kleinen Mitteln Großes erreichen kann, bewies einst Pamela Rendi-Wagner.
Sogar Ulrike Lunacek als Staatssekretärin für Kunst und Kultur sorgte nach endgültiger Bekanntgabe der Ressortverteilung in der türkis-grünen Regierung für mehr Aufsehen als das Gesundheitsministerium für Rudi Anschober. Was bezeichnend ist für die Bedeutung des Ministeriums auf dem Gesundheitssektor, dessen drei große Player die Länder, Sozialversicherungen und Ärztekammern sind. Sie entscheiden über Finanzierung, Posten und Organisation der Einrichtungen. Dem Ministerium, das über keine nennenswerte Budgethoheit verfügt, kommt zumeist so etwas wie eine Mediatorrolle zu.
Dabei sind die Pläne im Regierungsprogramm durchaus couragiert – wenn auch nicht alle neu: Maßnahmen wie die längst überfällige Einführung eines Facharztes für Allgemeinmedizin, Stipendien für Studierende, die sich verpflichten, eine Zeit lang als Landarzt zu arbeiten, der Ausbau ambulanter Rehabilitation und die Stärkung nichtärztlicher Gesundheitsberufe sind durchaus geeignet, um einige der größten Probleme im Gesundheitssystem zu lösen. Für deren Umsetzung braucht es aber besagte Partner – und vor allem einiges an Geschick und Hartnäckigkeit.
Beides bewies 2017 Pamela Rendi-Wagner, als sie quasi das Unmögliche möglich machte – und erreichte, dass in Diagnosezentren der Honorardeckel für MRT- und CT-Untersuchungen aufgehoben wird. Dadurch verkürzten sich die Wartezeiten von mehreren Monaten auf ein bis zwei Wochen. Wie ihr das gelang? Neben harten Verhandlungen hinter den Kulissen nutzte sie in erster Linie ihre Glaubwürdigkeit als Ärztin und ihre Autorität als Ministerin, um über einen längeren Zeitraum gezielt medialen Druck aufzubauen, sodass der Wirtschaftskammer und den Sozialversicherungen nichts anderes übrig blieb, als sich an einen Tisch zu setzen und die Honorare neu zu verhandeln – nachdem zuvor jahrelang kein Durchbruch erzielt worden war.
Dabei war Rendi-Wagner nicht einmal zusätzlich Sozialministerin mit den entsprechenden Kompetenzen. Anders als jetzt Rudi Anschober. Eigentlich grenzenlose Möglichkeiten für jemanden, der es als Landesrat in Oberösterreich mit viel beachteten Pilotprojekten (beispielsweise die „Modellregion Braunau") geschafft hat, in dem einzigen Ressort eine gute Figur zu machen, das vielleicht noch undankbarer ist als Gesundheit: Integration.