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Interview

Zadić: „Rassismus muss niemand aushalten“

Der grüne Wunsch nach einem Bundesstaatsanwalt sei „bei der ÖVP nicht auf offene Ohren gestoßen“, sagt Alma Zadić.
Daniel Novotny
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Auch Politiker müssten sich nicht alles gefallen lassen, meint die grüne Justizministerin. Ermittler sollen Opfern von Hasspostings künftig mehr helfen. Eine Verfassungsänderung für die Sicherungshaft schließt Alma Zadić nicht aus.

Frau Ministerin, es gibt eine Parallele zwischen Ihnen und Alexander Van der Bellen. Die heißt Peter Pilz, der Sie beide in die Politik geholt hat. Pilz ist heute ein scharfer Kritiker der türkis-grünen Koalition. Wie stehen Sie jetzt zu ihm?

Alma Zadić:
Angesprochen hat mich damals, 2017, Stephanie Cox (Ex-Abgeordnete der Liste Pilz, Anm.), mit der ich schon länger befreundet war. Ich hab dann ein Wochenende lang überlegt und beschlossen, meinen Anwaltsjob zu verlassen, und das Angebot für einen Listenplatz angenommen, weil ich etwas gestalten und verändern wollte. Mit Peter Pilz hatte ich immer ein gutes Arbeitsverhältnis. Er ist ein angesehener Parlamentarier, der seit 30 Jahren in der Politik ist. Seine Verdienste im Parlament können sich durchaus sehen lassen.

Sie waren zuletzt Gegenstand von Hasspostings. Bundeskanzler Sebastian Kurz hat gesagt, wenn man in der Politik ist, muss man das aushalten. Muss man das aushalten?

Ab dem Moment, in dem ich in die Politik gegangen bin, hat es vor allem in den sozialen Medien immer wieder Hasspostings, Beleidigungen und vieles mehr gegeben. Aber ab dem Zeitpunkt, als ich als Kandidatin für die Justizministerin verstärkt in der Öffentlichkeit war, ist das regelrecht explodiert. Auf der einen Seite ist es gut und richtig, wenn man in der Politik einer kritischen Öffentlichkeit ausgesetzt ist. Andererseits will ich davon die rassistischen und diskriminierenden Angriffe unterscheiden, die ja nicht nur mir, sondern ganz vielen Menschen entgegengebracht werden. Ich finde, Rassismus und Diskriminierung sollte niemand aushalten müssen. Das ist eine Herabwürdigung von Menschen. Dagegen werden wir gemeinsam vorgehen. Dafür gibt es auch im Regierungsprogramm genügend Anhaltspunkte.

Welche rechtlichen Verschärfungen planen Sie?

Bei den Bestimmungen zu Hass im Netz haben wir sehr konkrete Pläne. In Fällen von Hasskriminalität soll es eine Ermittlungspflicht geben. Die Rechtsdurchsetzung, die bisher in diesen Fällen nicht sehr erfolgreich ist, muss erleichtert werden. Es gibt viele Delikte, aber derzeit ist es ein harter Weg, bis es zu einer Anklage kommt.

Was sind die größten Hindernisse?

Viele dieser Delikte sind Privatanklagedelikte. Das heißt, dass die Betroffenen das Kostenrisiko zu tragen haben. In bestimmten Fällen von Hasskriminalität überlegen wir deshalb eine Ermittlungspflicht, insbesondere zur Ausforschung der Beschuldigten, diese Kosten müssten die Betroffenen oftmals selbst tragen. Wenn Beamte von Hassdelikten betroffen sind, können diese schon jetzt die Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen ermächtigen. Privatpersonen hingegen sind selbst verantwortlich für Verfolgung, Ausforschung und die gesamte Ermittlung, sie tragen die Kosten. Hier will ich eine Verbesserung.
Das Zweite: Viele dieser Delikte passieren auf den großen Plattformen Facebook, Google und anderen. Wir wollen die Kooperation mit diesen Plattformen verstärken. Es gibt ein Übereinkommen zwischen dem Justizministerium und Facebook. Hier möchte ich ansetzen, und bei Morddrohungen und Verhetzung sollten Facebook und Google diese Vorfälle von sich aus den Strafbehörden melden.