Ich find das Stück nicht so schlecht“, Nicholas Ofczarek verteidigt bei Stermann und Grissemann im TV Hofmannsthals „Jedermann“ gegen den Verdacht, es handle sich um eine peinliche Soap. Was anschließend prompt vorgeführt wird, wenn berühmte Jedermänner unter dem Griff des Todes schreiend zusammenbrechen. So macht man Theater im Fernsehen madig.
Macht nichts, Ofczarek, fröhlich und entspannt, wie man ihn auf der Bühne selten sieht, hatte die Möglichkeit, sich einem breiten Publikum zu präsentieren – und das ist auch die Chance des Jedermann, den der zuletzt stark Gehypte heuer in Salzburg spielen wird. Mit der gleichfalls schwer gehypten Birgit Minichmayr als Buhlschaft.
Ruppiges Liebespaar
Minichmayr und Ofczarek sind kein liebliches Paar, sondern ein verzanktes, in stetigem Kleinkrieg und Kampf verstrickt. Das zeigte sich bereits bei einem der frühen Aufeinandertreffen der beiden, in Nestroys „Der Färber und sein Zwillingsbruder“ im Burgtheater. Ofczarek spielte die Doppelrolle des draufgängerischen Grenzsoldaten und die seines vorsichtigen Bruders, des Färbermeisters, Minichmayr war dessen keineswegs gottergebene Maid. Man konnte sich recht gut vorstellen, dass aus dieser Dame als Ehefrau eine ordentliche Xanthippe werden könnte – wie sie Nestroy in seinen Stücken des Öfteren abgebildet hatte.
Seit 15Jahren ist Ofczarek am Burgtheater. Der bullige Mann, der keineswegs dem Schönheitsideal eines Schauspielheroen entspricht – auch das hat wohl zu seinem Aufstieg beigetragen –, hatte es anfangs keineswegs leicht. Inzwischen hat er unzählige, sehr oft große Rollen gespielt, unter den besten Regisseuren – bei Andrea Breth oder Martin Kušej: von „Höllenangst“ über „Motortown“ bis RichardIII. Ofczarek scheute auch Mühen wie Cálderons „Leben ein Traum“ oder de Mussets „Lorenzaccio“ nicht. Ob er die mystische Aura, die Peter Simonischek als Jedermann in Salzburg verbreitete, überwinden kann – oder ein Opfer der Jedermann-Nostalgiker wird, die am liebsten zurückschauen? Die Gefahr ist groß.
Eines aber ist sicher: Der 39-jährige Wiener Ofczarek wird anders sein als alle anderen, erstens, weil er jünger, kantiger, frischer wirkt als viele seiner Vorgänger – und zweitens, weil jeder Jedermann in diese Rolle seine ganz persönliche Note einbringt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.06.2010)