Lungenkrankheit

Von Singapur in die Alpen: Wie ein Brite das Coronavirus verbreitete

APA/AFP/GLYN KIRK
  • Drucken

Als „Superverbreiter“ bezeichnet die britische Presse den Geschäftsmann. Er reiste nie nach China, doch steht er in Verbindung mit mindestens elf Infektionsfällen.

Von Singapur über die Alpen bis nach Mallorca: Ein Brite hat das Coronavirus an mindestens elf Menschen weitergegeben, ohne jemals China betreten zu haben. Die britische Presse nennt ihn einen "super spreader", einen "Superverbreiter". Gesundheitsexperten sehen darin einen Modellfall für die Ausbreitung des Virus:

Infiziert hat sich der britische Geschäftsmann, dessen Name nicht öffentlich bekannt ist, nach bisherigen Erkenntnissen bei einer Konferenz in Singapur. Daran nahmen vom 20. bis 22. Jänner mehr als hundert Menschen teil, darunter mindestens ein Chinese aus der Provinz Hubei. Dort wurden die meisten der inzwischen mehr als 1000 Toten gemeldet.

Der rund 40 Jahre alte Brite reiste dann von Singapur nach Frankreich weiter, wo er vom 24. bis 28. Jänner einige Urlaubstage mit Landsleuten in dem Skiort Contamines-Montjoie westlich des Mont Blanc verbrachte. Als er bei seiner Rückkehr nach England Fieber bekam, ging er in ein Ärztezentrum der Küstenstadt Brighton. Dort wurde das Coronavirus bei ihm diagnostiziert. Am 6. Februar wurde er in eine Spezialabteilung der Londoner Klinik St. Thomas verlegt.

>>> Coronavirus: Warum es so schnell keinen Impfstoff geben wird [premium]

Auch Fall auf Mallorca möglich

Daraufhin stellten die britischen Behörden bei fünf weiteren Menschen, die in dem französischen Skiort mit dem Mann Kontakt hatten, das Coronavirus fest. Auch Mitarbeiter eines Pubs in Brighton, das der Mann aufsuchte, wurden vorsorglich isoliert. Das Lokal selbst blieb allerdings geöffnet.

Die französischen Gesundheitsbehörden schlugen ebenfalls Alarm: Sie testeten fünf weitere Briten, die in derselben Alpen-Skihütte wie der Mann übernachtet hatten, positiv auf das Coronavirus. Unter den Infizierten ist ein Kind. Weitere Touristen sind unter Beobachtung, niemand zeigte bisher jedoch Symptome. Auch Passagiere eines Flugs von Genf nach England wurden untersucht, den der Brite zur Rückkehr in sein Heimatland nahm.

Inzwischen ist auf der spanischen Ferieninsel Mallorca ein weiterer Fall aufgetaucht, der mit dem Briten in Verbindung steht: Ein Familienvater habe sich Ende Jänner offenbar in Frankreich angesteckt, hieß es. Der Mann sei "nahezu ohne Symptome", betonten die Gesundheitsbehörden in Madrid. Seine Angehörigen haben sich nach bisherigen Tests nicht infiziert.

>>> Peking geht mit Drohnen gegen Coronavirus vor [premium]

WHO warnt vor „ernster Bedrohung“

Gesundheitsexperten sehen in dem Briten einen Modellfall. Der Medizinprofessor Paul Hunter von der Universität East Anglia in Norwich nennt den Fall "beunruhigend, aber nicht unerwartet". "Die Übertragung ist nicht mehr nur auf China beschränkt", sagt Hunter. Es sei aber zu früh, um zu beurteilen, ob das Coronavirus wirklich zur Pandemie werde. Die Weltgesundheitsorganisation WHO warnte jedoch am Dienstag vor einer „ernsten Bedrohung für die Welt“.

(APA/AFP/Marie Wolfrom)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Coronavirus

Nationaler Volkskongress könnte verschoben werden

Staatsmedien: Regierung berät über Aufschub für Mega-Parlamentssitzung
Die USA holten Landsleute von Bord der "Diamond Princess".
Lungenkrankheit

Coronavirus: USA fliegen Hunderte Passagiere des Kreuzfahrtschiffes "Diamond Princess" aus

Die Zahl der Infektionen mit dem neuen Coronavirus hat in China 70.000 überstiegen. Experten befürchten auch eine hohe Dunkelziffer der Infizierten.
Familie Liu (links mit Kind) war an den neuen Coronaviren erkrankt. Nach mehreren Tagen im Pekinger Youan-Spital wurden die Lius am Freitag entlassen.
Krankengeschichte

Coronaviruspatient: „Es war fast wie im Hotel“

In Peking verlassen die ersten genesenen Coronavirenpatienten die Krankenhäuser. Eine Familie erzählt von ihrer Krankengeschichte und dem Spitalsaufenthalt.
Forschungsarbeit in Lyon.
Europa

Coronavirus: Erster Todesfall aus Frankreich gemeldet

Es ist offiziell der erste Patient, der in Europa starb: Ein 80-jähriger Tourist aus China.
Archivbild von chinesischen Geldscheinen.
Coronavirus

Auch Geldscheine müssen in China in Quarantäne

Gebrauchte Banknoten werden desinfiziert und bis zu 14 Tage weggeschlossen, bevor sie wieder in Umlauf geraten. Auch damit soll die Ausbreitung des Coronavirus eingedämmt werden.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.