Endlich da! Die Redaktion empfiehlt sieben Kinofilme, die neu im Programmfundus der Streamingdienste gelandet sind – und dort schnell einmal untergehen können. Von zarten Romanzen bis zum ergreifenden Rassismusdrama.
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Systemsprenger
Herzzerreißender Realismus
Neu auf Netflix
Eine Neunjährige, die alle das Fürchten lehrt, ihre Mutter, die Lehrer, die Pädagogen der Wohngemeinschaft, in der sie untergebracht ist. Die ein vergangenes Trauma rot sehen lässt, sobald sie einer am Gesicht berührt. Die unbändige Kraft hat. Und sie zur Selbstzerstörung nutzt. Die andererseits von den Erwachsenen wieder und wieder verraten wird. Nora Fingerscheidt hat für ihre Geschichte in Jugendeinrichtungen und in der Psychiatrie recherchiert, das Ergebnis ist ein Film, der so kraftvoll ist wie seine Protagonistin, und der einem das Herz zerreißen kann. Hauptdarstellerin Helena Zengel ist die Idealbesetzung, ihre Benni ist so energiegeladen wie zerbrechlich, so fröhlich wie verstört.
Hier geht's zur vollständigen Filmkritik.
Call me by your name
Ein zarter Traum von Liebe und Begehren
Neu auf Netflix
Diese Romanze von Luca Guadagnino strahlt von der Leinwand wie eine Jugenderinnerung aus besseren Zeiten: Unter der süßen Sonne der Lombardei verlieben sich ein 17-jähriger Bildungsbürger (Timothée Chalamet) und der studentische Assistent seines Vaters (Armie Hammer). Ein nach Zitronen (und Pfirsichen!) duftender Traum von Liebe und Begehren.
Burning
Ein Meisterwerk aus Korea
Auf Amazon
Selten wurde das Ohnmachtsgefühl junger Menschen so eindringlich gefasst wie in Lee Chang-dongs sozialdiagnostischem Mystery-Thriller nach einer Kurzgeschichte von Haruki Murakami: Ein antriebsloser Drifter bandelt mit einer ehemaligen Schulkollegin an, die ihn jedoch schnell für einen undurchsichtigen Typen sitzen lässt, der scheinbar alles hat: Selbstbewusstsein, Geld, Erfolg, Charme, Humor, Status. „Burning“ (2018) ist eine meisterlich inszenierte, tief beunruhigende Parabel über die Suche nach Gerechtigkeit in einer von grundlegenden Ungleichheiten gespaltenen Gegenwart.
Fences
Rassismusdrama von und mit Denzel Washington
Neu auf Netflix
„Fences“ (2016) ist ein Rassimusdrama, in dem es weniger um Diskriminierung geht als um die Wunden, die sie hinterlässt. Denzel Washington, der auch Regie führte (basierend auf einem Bühnenstück), spielt den Patriarchen einer afroamerikanischen Familie im Pittsburgh der 1950er. Seine Autorität begründet er mit dem Kampf, den er gegen ein ihn benachteiligendes System führen muss – in der Arbeit muss er Mülltonnen schleppen, während seine weißen Kollegen den Müllwagen fahren dürfen. Von seiner Familie erwartet er Dankbarkeit, beim freitäglichen Feierabend-Gin schwadroniert er sich zu einer Legende, während Scham und Schuld an ihm nagen. Das ist ergreifend – und großartig gespielt: Wie Viola Davis als seine Ehefrau emotional explodiert, ist eine Wucht.
Beale Street
Zärtliches Problemkino
Neu auf Sky
Oscar-Preisträger Barry Jenkins („Moonlight“) adaptierte für seinen jüngsten Film einen Roman von James Baldwin über die Romanze zweier Afroamerikaner, die zugleich eine Unterdrückungsgeschichte ist: Ein wunderbar zärtlicher, zwischen Weh- und Lebensmut pendelnder Film.
Can You Ever Forgive Me?
Fälscher-Biopic mit Melissa McCarthy
Ab Samstag neu auf Sky
Melissa McCarthy kennt man vor allem als versatile Ulknudel in schrulligen bis platten Hollywood-Komödien. Mit einer ernsten Rolle verdiente sie sich eine Oscar-Nominierung: Im Biopic „Can You Ever Forgive Me?“ von Marielle Heller spielt sie die kratzbürstige, alkoholkranke, erfolglose Schriftstellerin Lee Israel, die in den 1990er Jahren versuchte, mit selbst gefälschten Briefen von Prominenten ein Auskommen zu finden. Eine spannende Charakterstudie, die sinistren Humor und rauen Realismus verbindet.
Vox Lux
Bissiger Blick auf das Pop-Business
Neu auf Sky
Natalie Portman spielt in diesem bissigen Kunstfilm eine labile Popdiva: Bei einem Schulmassaker angeschossen und mit einer Gedenkhymne berühmt geworden, steigt sie zum Popmonster auf, zur Galionsfigur einer verkorksten Ära voller Schall und Wahn. Der junge US-Regisseur Brady Corbet nimmt in seinem sardonischen Kulturpessimismus Anleihen bei Michael Haneke und Lars von Trier. Jude Law spielt einen schmierig-sympathischen Manager, Willem Dafoe den Off-Erzähler. Und die Songs stammen aus der Feder von Pop-Chanteuse Sia.