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Mitreden bei der Verkehrspolitik: Droht die Verödung der Wiener Innenstadt?

Ein türkis-grünes Konzept für einen (fast) autofreien ersten Bezirk sorgt für Aufregung. Die einen fürchten ausgestorbene Innenstädte, die anderen wünschen sich schon lange mehr Platz für Fußgänger und Radfahrer. Diskutieren Sie mit!

Da ein Radweg, dort eine Begegnungszone - die Wiener Verkehrspolitik trägt unverkennbar eine grüne Handschrift. Das sorgt nicht überall für Jubel. Aktuell heftig debattiert wird etwa die Idee der grünen Vizebürgermeisterin, Birgit Hebein, und des ÖVP-Bezirksvorstehers Markus Figl die Wiener Innenstadt autozufrei zu machen - zumindest fast.

Seine Meinung gebildet hat sich dazu bereits „Presse“-Leser Wilfried Dessovic. Er kritisiert in einem Leserbrief, der Vorstoß werde in „schwierigen Nach-Corona-Zeiten die Geschäfte und Lokale der Innenstadt zusätzlich schwer belasten und einige zum Zusperren zwingen.“ Er fürchtet eine Verödung. Doch viele Leser befürworten auch eine autofreies Stadtzentrum, wie eine Online-Umfrage zeigt:

Chronik-Ressortleiter Dietmar Neuwirth sieht die Pläne für die Wiener City in einem Leitartikel kritisch. Eine „Art Disney-Park exklusiv für Touristen“ will er nicht. Doch so weit würden die Pläne von Hebein und Figl ohnehin nicht gehen: Bei 27 Ausnahmen wünscht Neuwirth daher den „ohnedies alles andere als unterbeschäftigten Beamten der Polizei in Wien“ viel Spaß beim Kontrollieren.

Durch die Coronakrise hat die Debatte über die Verteilung des öffentlichen Raumes jedenfalls wieder an Schwung gewonnen. Christine Imlinger, die viel über Verkehrspolitik schreibt, hat in einem Artikel die Vor- und Nachteile einer autofreien Innenstadt zusammengefasst. In einem anderen Artikel vergleicht sie Wiens Maßnahmen mit denen anderer Metropolen - mit dem Fazit: Wien hinkt hinterher.

Das sieht auch Bettina Steiner in ihrer wöchentlichen Kolumne so. Sie schreibt von unübersichtlichen Kreuzungen, unvermittelt abbrechenden Radwegen und Verkehrsrowdys und meint: „Fahrrad fahren in Wien ist gefährlich. Nicht nur für Kinder, auch für Erwachsene: gefährlich. Und nein, das sollte es nicht sein."

Ob eine Verkehrspolitik weg vom Auto in der Coronakrise der richtige Weg ist, bezweifelt unterdessen Josef Urschitz. Denn: „Mehrere Umfragen und Studien zeigen, dass neben dem Fahrrad der Pkw der große Gewinner der Coronakrise ist. Und der öffentliche Nahverkehr der große Verlierer.“

Kolumnist Wolfgang Freitag meint jedenfalls, bei der ganzen Debatte eine Sache werde oft vergessen: „Tatsache ist, dass keine Neu- oder Andersverteilung von Verkehrsflächen zielführend sein wird, solange Verkehr allzu vielen seiner Teilnehmer anderem (Machtdemonstration? Grenzüberschreitung? Abarbeiten von Konflikten?) dient als seinem ureigenen Zweck: von Punkt A zu Punkt B zu kommen.“

(sk)

Diskutieren Sie mit: Was bringen autofreie Innenstädte? Wie kann eine sinnvolle Verkehrsplanung in Stadtzentren aussehen? Und: Welche Erfahrungen haben Sie persönlich gemacht?

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