Verfassungsschutz-Affäre

Chat-Protokolle von Gudenus werfen neues Licht auf Rolle der FPÖ in BVT-Affäre

Die Presse/Clemens Fabry
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Gudenus schickte den Kontakt jenes Polizisten und FPÖ-Lokalpolitikers, der letztlich die Razzia im BVT leiten sollte, direkt an Kickls Kabinettschef. Gudenus soll außerdem BVT-Mitarbeiter als „gute Leute“ empfohlen haben.

Er kenne nun einmal viele Menschen, sagte Johann Gudenus, Ex-FPÖ-Spitzenpolitiker und neben Heinz-Christian Strache Hauptdarsteller im Ibiza-Video, jüngst im U-Ausschuss zur Ibiza-Affäre. Auf Gudenus' augenscheinlich reichen Schatz an Kontakten dürften auch andere zurückgegriffen haben - unter anderem das Büro des damaligen Innenministers Herbert Kickl (FPÖ), als es darum ging, einen Polizisten für die umstrittene Razzia im Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) zu finden.

Das geht aus der Arbeit der Ermittler in der Ibiza-Affäre hervor, berichten „Der Standard“ und das Nachrichtenmagazin „Profil“. Bei der Auswertung des Handys von Gudenus wurden dementsprechende Nachrichten entdeckt. Demnach hat der frühere FPÖ-Klubchef den Kontakt zwischen Kickls Büro und dem Polizisten der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Straßenkriminalität (EGS), Wolfgang Preiszler, hergestellt - seines Zeichens auch FPÖ-Lokalpolitiker.

Kontakt zwischen Kickl-Büro und Polizist schon Anfang Jänner 2018

Die Hausdurchsuchung im BVT am 28. Februar 2018 hatte für massive Kritik gesorgt und einen Untersuchungsausschuss ausgelöst. Befürchtet wurde unter anderem ein Vertrauensverlust bei ausländischen Partner-Geheimdiensten - und ein Versuch des damals blauen Innenministeriums, Ermittlungen im Umfeld von Burschenschaften und Rechtsextremen zu unterminieren. Diese Befürchtung gab es auch deshalb, weil auch das Büro der Referatsleiterin für Extremismus durchsucht worden war, obwohl sie in der Anlass-Causa der Razzia nicht zu den Verdächtigen gezählt wurde. Die Hausdurchsuchung wurde später vom Wiener Oberlandesgericht für unzulässig befunden.

Dass die EGS, unter anderem für Einbruchs- und Drogendelikte zuständig, für die Razzia in dem Geheimdienst ausgewählt worden war, sorgte ebenfalls für Stirnrunzeln; auch, dass gerade ein FPÖ-Mann die Polizisten bei der Razzia im BVT angeführt hatte, warf viele Fragen auf. Zum Ende des BVT-U-Ausschusses kam der Verfahrensrichter, Eduard Strauss, zu dem Schluss, dass nicht belegt werden könne, ob die EGS wegen FPÖ-Nähe für die Durchführung der Razzia bestellt worden sei.

Der Beleg könnte nun vorliegen: Gudenus soll „Standard“ und „Profil“ zufolge schon im Jänner 2018 den Kontakt zwischen dem Ministerbüro und dem Polizisten hergestellt haben. Demnach habe die Auswertung von Gudenus' Handy ergeben, dass er die Visitenkarte Preiszlers am 9. Jänner an Kickls Kabinettschef, Reinhard Teufel, geschickt hatte. Da war gerade das anonyme Konvolut mit Vorwürfen gegen das BVT im Büro Kickls Generalsekretär, Peter Goldgruber, gelandet.

Weitere Gudenus-Nachrichten zum BVT

Für die - von der Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) beantragte - Hausdurchsuchung vorgeschlagen wurde Preiszlers Polizeieinheit EGS später von Goldgruber. Er hatte der Anklagebehörde auch Belastungszeugen gegen das BVT vermittelt. Die meisten Vorwürfe gegen das Bundesamt erwiesen sich letztlich aber als haltlos. Die Frage, ob die BVT-Ermittlungen ein politisches Interesse der FPÖ oder schlicht überschießende rechtsstaatliche Handlungen waren, ist nach wie vor nicht geklärt.

Teufel hatte bisher angegeben, mit der Vorbereitung der Razzia nichts zu tun gehabt zu haben; Goldgruber und Kickl sagten im U-Ausschuss aus, von Preiszlers aktiver Politiktätigkeit in der FPÖ nichts gewusst zu haben. Gudenus bestreitet denn auch einen Zusammenhang mit der BVT-Affäre und betont, Preiszler habe lediglich Kontakt zu Kickl gesucht, um beim Polizeiball am 12. Jänner bei den Ehrengästen des Ministers mitgehen zu können. Nach der Razzia schickte Gudenus dem Kabinettschef allerdings auch die Visitenkarten zweier BVT-Mitarbeiter - mit dem Hinweis "BVT-Kandidaten! Gute Leute".

Die WKStA meldete den Nachrichten-Fund nun an die Staatsanwaltschaft Wien - die ihrerseits seit Monaten versucht, den Urheber des anonymen Konvoluts mit Vorwürfen gegen das BVT auszuforschen.

FPÖ ortet Kurz-Ablenkungsmanöver

Die FPÖ sprach am Freitag angesichts der Berichte von einem „durchschaubaren Anpatzungsversuch“ gegen Kickl. Einen Zusammenhang zwischen der Übermittlung der Visitenkarte durch Gudenus und der Hausdurchsuchung könne es schon allein vom Zeitablauf her nicht gegeben haben, meinte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker: „Jeder, der den Verlauf der BVT-Affäre kennt, weiß, dass am 9. Jänner 2018 die Zeugeneinvernahmen durch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, die letztlich zu einer Hausdurchsuchung geführt haben, noch lange nicht stattgefunden haben.“ Er vermutet erneut ein Ablenkungsmanöver der ÖVP im Vorfeld der Aussage von Kanzler Sebastian Kurz Kurz (ÖVP) kommende Woche im Ibiza-Untersuchungsausschuss.



>> zum Bericht des „Standard“ 

(APA/epos)

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