Black Monday

Wer brachte Wirecard zu Fall? Leerverkäufer waren es nicht

APA/dpa/Peter Kneffel
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Für kaum ein anderes Unternehmen interessierten sich Anleger in den vergangenen Jahren so sehr wie für den deutschen Zahlungsdienstleister.

Soll man jetzt Wirecard-Aktien kaufen, wo sie so billig geworden sind? Mit dieser Frage von (potenziellen) Privatanlegern wird man dieser Tage ständig konfrontiert. Nun könnte man sich das auch bei Boeing, Lufthansa oder Société Générale fragen, das tut aber keiner.
Meist ist es keine gute Idee, Aktien primär deswegen zu kaufen, weil sie tief gefallen sind. Und speziell bei Wirecard sind so viele Fragen offen, dass ein Investment aus derzeitiger Sicht ein reines Glücksspiel ist, weshalb auch viele Analysten ihre Bewertungen ausgesetzt haben: Sind wirklich 1,9 Milliarden Euro verschwunden, und wenn ja, wohin? Werden noch weitere Skandale ans Licht kommen? Werden Banken Kredite fällig stellen und Wirecard in die Pleite treiben? Oder wird das Unternehmen vielleicht zum Übernahmeziel (was normalerweise gut für den Kurs ist)? Doch wenn jemand Wirecard rettet, werden die bisherigen Aktionäre davon profitieren?

Für sie war schon die letzte Woche hart. Am vergangenen Donnerstag hat die Wirecard-Aktie mit einem Minus von 62 Prozent an einem einzigen Tag einen der schlimmsten Abstürze erlebt, den je ein DAX-Wert ertragen musste, bevor sich der Absturz am Freitag fortsetzte. Zum Handelsschluss war das Papier, das im September 2018 fast 200 Euro gekostet hatte, um etwa 25 Euro zu haben.

Grund für den Absturz ist ein Bilanzskandal: Die Veröffentlichung des Jahresabschlusses musste zum wiederholten Mal verschoben werden. Die Wirtschaftsprüfer von EY konnten keine Belege für 1,9 Milliarden Euro finden, die auf Treuhandkonten bei Banken in Asien liegen sollen.
Mit dem Vorwurf, dass mit seinen Bilanzen etwas nicht in Ordnung sei, ist Wirecard schon länger konfrontiert. Im Vorjahr hatte die „Financial Times“ wiederholt derartige Berichte verfasst. Wirecard wollte sich durch eine KPMG-Prüfung reinwaschen, doch auch diese Prüfer hatten nicht genügend Dokumente erhalten, um die Vorwürfe vollständig entkräften zu können. Das hatte dem Aktienkurs bereits zugesetzt, das Papier hatte sich seit seinem Allzeithoch halbiert.

Dennoch interessieren sich Kleinanleger ungebrochen für Wirecard. Auf Finanzportalen wie onvista.de oder wallstreet-online.de rangiert Wirecard regelmäßig auf Platz eins der Suchabfragen und erfreut sich größeren Interesses als der Frankfurter Leitindex DAX oder der norwegische Wasserstoff-Produzent NEL, einer der gegenwärtig größten Anlegerlieblinge.

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