Zwölf Jahre verbrachte „Wally“ von Egon Schiele in einem verstaubten Depot in Manhattan. Ab Donnerstag wird das Bildnis öffentlich bis zum 18. August in New York zu sehen sein. Danach kehrt es zurück nach Wien.
Zwölf Jahre verbrachte „Wally“ von Egon Schiele in einem verstaubten Depot in Manhattan. Nach der außergerichtlichen Einigung zwischen der Leopold-Stiftung und den Erben der Kunsthändlerin Lea Bondi-Jaray wird das Bildnis ab Donnerstag erstmals seit 1998 wieder öffentlich zu sehen sein. Bis zum 18.August wird es in New York ausgestellt, dann kehrt „Wally“ zurück nach Wien. „Wir sind mehr als nur begeistert, dieses außergewöhnliche Kunstwerk für drei Wochen bei uns zu haben“, sagt Betsy Aldredge vom „Museum of Jewish Heritage“ im Gespräch mit der „Presse“.
Erwarteter Besucheransturm
Seitdem vergangene Woche bekannt geworden war, dass der Rechtsstreit um „Wally“ beendet ist, bereitet sich das jüdische Museum auf Hochtouren auf die Ankunft vor. „Donnerstagvormittag wird eine Zeremonie stattfinden, und ab 13Uhr öffnen wir die Pforten für die Öffentlichkeit“, erklärt Aldredge. Sie erwartet einen „Besucheransturm“, will aus Sicherheitsgründen sonst aber keinerlei Details preisgeben.
Überhaupt umgibt die Rückgabe des Bildnisses ein großes Mysterium. Fest steht nur, dass die US-Behörden heute, Dienstag, Vertretern der Leopold-Stiftung „Wally“ in Manhattan übergeben werden. Dafür sind die Vorstände Carl Aigner und Elisabeth Leopold nach New York gereist. Dem Vernehmen nach dürften sie auch dabei sein, wenn „Wally“ am Donnerstag im „Museum of Jewish Heritage“ präsentiert wird.
Das Schiele-Kunstwerk war 1998 während einer Ausstellung im Museum of Modern Art als „Diebsgut“ beschlagnahmt worden. Der Nationalsozialist und Beute-Galerist Friedrich Welz hatte der Jüdin Lea Bondi-Jaray das Bild 1939 kurz vor deren Flucht aus Wien abgenommen. Nach dem Krieg wurde es zwar restituiert, allerdings an die falsche Person, den ebenfalls ausgeplünderten Heinrich Rieger. Von dessen Nachkommen erwarb die Stiftung des kürzlich verstorbenen Rudolf Leopold das Bildnis. Bis zuletzt war unklar, ob der Kunstsammler über die wahre Herkunft von „Wally“ Bescheid gewusst hatte. Die Rückkehr des Bildnisses nach Wien lässt sich die Leopold-Stiftung 19 Mio. Dollar kosten.
Mit der dreiwöchigen Ausstellung des Kunstwerkes hat das „Museum of Jewish Heritage“ seine Führungsrolle unter den zahlreichen jüdischen Museen in New York erneut unter Beweis gestellt. Bereits im November stand die Galerie im Rampenlicht. Eine von der jüdischen Bibliothek in Wien gestohlene Bibel wurde an dieser Stelle feierlich zurückgegeben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2010)