BP: Ölpest reißt tiefes Loch in die BP-Bilanz

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Der scheidende BP-Chef, Tony Hayward, muss zu seinem Abgang den ersten Verlust des Unternehmens seit 1992 melden. Mit Bob Dudley besteigt erstmals ein Amerikaner den BP-Chefsessel. Er setzt auf Veränderung.

Wien. Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko ist nun auch in den Büchern des britisch-amerikanischen Ölkonzerns BP angekommen. Im ersten Halbjahr musste der nach Produktion viertgrößte Ölmulti der Welt einen Milliardenverlust hinnehmen. Das Unternehmen will nun einen Neuanfang machen und tauscht BP-Chef Tony Hayward gegen den Amerikaner Bob Dudley aus. Was bedeutet der hohe Verlust für BP, und wie geht es mit dem Konzern nun weiter? „Die Presse" hat die Antworten:

Bloomberg

1. Wie viel kostet die Ölpest den verantwortlichen Konzern BP?


Wie viel die Ölpest BP tatsächlich kosten wird, kann noch nicht beantwortet werden, weil viele Schadenersatzklagen erst verhandelt werden. BP selbst rechnet mit Kosten in der Höhe von 32,2 Milliarden US-Dollar (24,8 Milliarden Euro). Für Schäden in dieser Höhe hat BP in seiner Halbjahresbilanz vorgesorgt. Im zweiten Quartal 2010 musste BP dadurch einen Nettoverlust von 17,2 Milliarden Dollar hinnehmen - den ersten Quartalsverlust seit dem Jahr 1992.

2. Kann BP diese hohe Schadenssumme stemmen?

Ja. Ohne die Abschreibungen hätte BP allein zwischen April und Juni fünf Milliarden Dollar verdient. Die bisher veranschlagten Kosten entsprechen also dem Gewinn von eineinhalb Jahren. Zudem verringert sich dadurch die Steuerleistung des Konzerns - der Verlust macht daher nur knapp mehr als die Hälfte der Kosten aus. Dennoch plant BP, in den nächsten 18 Monaten rund zehn Prozent seiner Ölfelder im Wert von 30 Milliarden Dollar zu verkaufen. Zusammen mit den Barbeständen, zugesagten Bankkrediten und für heuer einbehaltenen Dividenden will der Konzern so auf verfügbare Mittel von 65 Milliarden Dollar kommen.

3. Warum musste BP-Chef Tony Hayward gehen?

Hayward ist sozusagen das „Gesicht der Katastrophe". Die ganze Wut der USA fokussierte sich in den vergangenen Wochen auf den Briten. Durch seine Fehltritte - etwa die Aussage von einem „winzigen Ölaustritt in einem riesigen Ozean" - heizte er die Situation zusätzlich an. Für BP sind die USA jedoch der wichtigste Markt, eine positive Stimmung gegenüber dem Konzern ist daher notwendig. Als Konzernchef trägt er zudem die Letztverantwortung. Allerdings ist fraglich, ob er auch zurücktreten müsste, wenn er sich in London „versteckt" gehalten hätte. Sein Abgang wird ihm mit einer - über die kommenden Jahre hinweg ausbezahlten - Pension von in Summe elf Millionen Pfund (13,2 Millionen Euro) versüßt.

4. Was kann sein Nachfolger, Bob Dudley, besser machen?


Dudleys Hauptaufgabe wird sein, die Wogen in den USA zu glätten und das Bild von BP wieder in Ordnung zu bringen. Dass sich BP für ihn entschieden hat, ist freilich kein Zufall. Der gebürtige New Yorker wuchs in Mississippi auf und „spricht" die Sprache der betroffenen Bewohner des Golfs von Mexiko. Der erste Amerikaner am Chefsessel des ehemaligen britischen Staatskonzerns BP muss auch dafür sorgen, dass der Konzern weiter im Golf bohren darf - 25 von 40 Bohrprojekten von BP befinden sich in dieser Region.

5. Was wird sich künftig bei BP ändern?


Der Konzern wird durch den Verkauf der Ölfelder schrumpfen. BP verspricht seinen Aktionären, sich nur von jenen Feldern zu trennen, die von geringer strategischer Bedeutung sind und dadurch schlanker und effizienter zu werden. Außerdem soll Sicherheit bei BP künftig großgeschrieben werden. Bereits vor der jüngsten Katastrophe hatte BP dabei eine schlechte Performance. So explodierte 2005 eine Raffinerie in Texas und 2006 lief aus einer Pipeline in Alaska eine Million Liter Öl aus.

6. Wie geht es mit dem Ölleck im Golf von Mexiko weiter?


Seit 15. Juli ist das Leck mit einem Deckel temporär verschlossen. Ab Mitte nächster Woche will BP Schlamm und Zement durch die nahezu fertiggestellten Entlastungsbohrungen einbringen und die undichte Stelle auf diese Weise für immer versiegeln.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2010)

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