Pinke Liste

Start in Wien-Wahlkampf: Neos schließen Koalition mit „Blümel-ÖVP“ kategorisch aus

Christoph Wiederkehr (im Bild mit der Parteivorsitzenden Beate Meinl-Reisinger) tritt als Neos-Spitzenkandidat am 11. Oktober an. Eine Koalition mit der Stadt-ÖVP schloss er bereits aus.
Christoph Wiederkehr (im Bild mit der Parteivorsitzenden Beate Meinl-Reisinger) tritt als Neos-Spitzenkandidat am 11. Oktober an. Eine Koalition mit der Stadt-ÖVP schloss er bereits aus.APA/GEORG HOCHMUTH
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Mit 88,1 Prozent wurde Christoph Wiederkehr am Samstag zum Neos-Spitzenkandidaten gewählt. Trüben könnten dessen Ambitionen jedoch niedrige Bekanntheitswerte.

Humoristische Videobotschaften (unter anderem aus Amsterdam und den 23 Wiener Bezirken) waren jene dramaturgischen Stilmittel, mit denen am Samstag die Neos-Mitgliederversammlung aufgelockert werden sollte. Auflockerung bedurfte es dabei auch deshalb, weil das aufwendige dreistufige Vorwahl-Prozedere (öffentliche Online-Vorwahl, Stimmabgabe von Landesteam und Parteivorstand sowie der finalen Mitgliederabstimmung) einige Pausen vorsah.

Am Ende trat wenig überraschend Landesparteichef Christoph Wiederkehr mit 88,1 Prozent der Stimmen als neuer Neos-Spitzenkandidat auf die Bühne im Studio 44. Wiederkehr setzte sich dabei gegen zwei Konkurrenten durch, darunter Gastronom Gert Kunze, Chef des Wiener Café Eiles. Rund 1000 Mitglieder waren stimmberechtigt, doch coronabedingt nahmen nur etwa 100 Personen an der Versammlung persönlich teil. Auf die vorderen Listenplätze schafften es im Online-Voting mit Bettina Emmerling, Stefan Gara und Markus Ornig schließlich jene Bewerber, die bereits im Wiener Gemeinderat vertreten sind. Selma Arapović, Dolores Bakos, Jörg Konrad, Thomas Weber, Angelika Pipal-Leixner und Karmin Rihan komplettieren die Landesliste.

Wiederkehr: „Blümel lügt und kann nicht rechnen“

„Überwältigt“ zeigte sich Wiederkehr von der hohen Zustimmung der Mitglieder, der bei der Verkündigung von der Bundesparteivorsitzenden Beate Meinl-Reisinger eine Packung Manner-Schnitten ("Wien liebt man eben") überreicht bekam. Womit Wiederkehr die Wiener demnächst dazu bringen will, ihn zu lieben, machte dieser im Anschluss an das Ergebnis klar: In seiner Rede legte er den Fokus auf die traditionell pinken Themen Bildung, Transparenz, Unternehmertum und Umweltschutz. In Zeiten der Corona-Pandemie bleibt jedoch offen, wie viele pinke Sachthemen auch bei den Wählern ankommen werden [premium].

Überrascht war man mitunter von Wiederkehrs betont strengem Urteil, das er den politischen Mitbewerbern ausrichtete. Vor allem der „gönnerhafte Gutscheinbasar“ der SPÖ, den Wiederkehr mit der „Gutscheinpolitik“ eines Jörg Haiders verglich, würde ihn „anwidern“. Auch die „rote Expertise in der Freunderlwirtschaft“ kritisierte Wiederkehr, der einem von Beginn an „amtsmüden“ roten Bürgermeister Michael Ludwig zudem vorwarf, wie eine Schildkröte zu agieren, die „richtig viel gegessen hat und sich zum Mittagsschlaf niederlegen will.“

An der türkisen „Blümel-ÖVP“ ließ der pinke Spitzenkandidat ebenfalls kein gutes Haar: „Gernot Blümel schert sich nicht um Wien“, sagte er. „Blümel lügt und kann nicht rechnen“, empörte sich Wiederkehr, wobei er eine Zusammenarbeit in Form einer „Dirndlkoalition“ (ÖVP, Grüne und Neos) damit kategorisch ausschloss. Der Frage eines Journalisten, ob eine Koalition mit der SPÖ trotz der heftigen Kritik denkbar sei, wich er aus.

Meinl-Reisinger: „Wir hieven Blümel nicht auf den Bürgermeister-Sessel“

Auch Parteivorsitzende Beate Meinl-Reisinger konnte sich gegenüber der „Presse“ keine pinke Zusammenarbeit mit den Wiener Türkisen vorstellen. Dass Ludwig in der „Presse“ bereits vor einer grünen Bürgermeisterin Birgit Hebein warnte [premium], nahm Meinl-Reisinger am Samstag gelassen zur Kenntnis: „Es ist keine neue Mechanik, dass die SPÖ irgendetwas erzählt, um ihre Wähler zu mobilisieren“, sagte sie. Weder würde sich eine solche Koalition rechnerisch ausgehen (2015 erreichten die Pinken 6,2 Prozent, etwa acht Prozent sind diesmal erwartbar), noch hätte man ein Interesse daran: „Diese Türkisen haben in Wien nichts mehr zu bieten, die haben nicht einmal ein Programm. Wir hieven Gernot Blümel sicher nicht in den Bürgermeister-Sessel, damit der dort schön seine Machtpolitik ausbauen kann.“

Dem neuen Spitzenkandidaten versuchte die Parteichefin, die 2015 noch selbst bei der Wien-Wahl angetreten war, Mut zuzusprechen. Denn Wiederkehr dürfte vielen Wienern noch gänzlich unbekannt sein, bei Umfragen zur Direktwahl des Bürgermeisters liegt er irgendwo zwischen ein und drei Prozent. „Mach dir keine Sorgen, Christoph, über mich haben sie 2015 auch gesagt, die kennt ja niemand“, sagte Meinl-Resinger vor den anwesenden Mitgliedern. Und fügte lachend hinzu: „Die Wiener werden dich schon noch kennenlernen.“

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