Es sei eine europäische Reaktion gefragt, soll die deutsche Kanzlerin bei der Sitzung ihrer Fraktion im Bundestag gesagt haben. Der deutsche Botschafter in Moskau wurde ins dortige Außenministerium geladen.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel hat einen Stopp der umstrittenen Erdgas-Pipeline Nord Stream 2 als Reaktion auf die Vergiftung des russischen Regierungskritikers Alexej Nawalny weiterhin offen gelassen. Sie habe sich noch kein abschließendes Urteil gebildet, so Merkel am Dienstag laut mehreren Sitzungsteilnehmern in der ersten Sitzung der CDU/CSU-Fraktion nach der Sommerpause in Berlin.
Es sei zweifelsfrei erwiesen, dass Nawalny vergiftet worden sei. Es sei eine europäische Reaktion auf den Fall Nawalny gefragt, betonte Merkel nach weiteren Informationen von Teilnehmern. Es sei kein Angriff auf Deutschland gewesen, aber Deutschland müsse sich auch als EU-Mitgliedsstaat erklären. Man müsse allerdings auch genau hinhören, was die EU-Partner sagten, es sei eine enge Abstimmung nötig. Der nächste Schritt sei nun, dass Russland sich erkläre. Dann müsse eine gemeinsame Entscheidung der EU fallen.
Kreml sieht keinen Grund für Diskussion
Der Kreml hält die Diskussionen über einen möglichen Baustopp der Nord Stream 2 hingegen für überflüssig. "Warum sollte man von irgendwelchen negativen Maßnahmen gegenüber dem internationalen Projekt sprechen, an dem auch deutsche Unternehmen beteiligt sind?", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Dienstag der Agentur Interfax zufolge in Moskau.
"Das wäre fehl am Platz und - was das Wichtigste ist - im Moment absolut grundlos", so Peskow. Der Kreml sieht die Gasleitung von Russland nach Deutschland, an der auch die OMV beteiligt ist, als ein wirtschaftliches Projekt und kein politisches. Peskow sagte, es gebe keinen Grund, das Thema auf eine politische Ebene zu heben.
Deutscher Botschafter einbestellt
Im Streit um die Vergiftung Nawalnys erwartet Russland den deutschen Botschafter in Moskau nach deutschen Angaben am Mittwoch zum Gespräch. Moskau erwartet laut der Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, dass Deutschland seine Erkenntnisse zu dem Fall vorlegt.
Das betreffe die Ergebnisse der Untersuchungen in einem Labor der Bundeswehr und alle "Beweise" des deutschen Außenministeriums, schrieb sie auf Facebook. "Es ist an der Zeit, die Karten offen zu legen, weil es für alle klar ist: Berlin blufft, um einem schmutzigen politischen Getue dienlich zu sein."
Nawalny war am 20. August auf einem Flug in Russland ins Koma gefallen und später auf Drängen seiner Familie in die Berliner Charité verlegt worden. Die deutsche Bundesregierung hatte nach Untersuchungen in einem Spezial-Labor der Bundeswehr mitgeteilt, dass sie es als zweifelsfrei erwiesen ansehe, dass Nawalny mit dem militärischen Nervengift Nowitschok vergiftet worden sei. Russland bestreitet, in den Fall des Oppositionellen verwickelt zu sein.
Anfang September war der russische Botschafter in Berlin, Sergej Netschajew, ins Außenamt in Berlin zitiert worden. Am Montag musste Russlands Botschafter in London Stellung zum Fall Nawalny beziehen.
(APA/dpa)