Kempinski-Geschäftsführer Florian Wille, nach Eigendefinition ein hoffnungsloser Optimist, über schwere Entscheidungen, neue Konzepte, die Faszination der Hotellerie. Schwierigen Zeiten zum Trotz.
Die Presse: Wie haben Sie die Situation im März im Kempinski erlebt?
Florian Wille: Wir sind da wie viele andere auch zunächst einmal durch eine Phase der Ungläubigkeit gegangen, in der man einfach versucht hat, das von sich wegzuschieben. Zumal wir rekordverdächtig gut in das Jahr gestartet waren – aber dann ging im März das Fallbeil herunter und hat das komplette Jahr ausradiert. Und das in einem Ausmaß, das ich in vielen Jahren als Hotelier noch nicht erlebt habe. Auch nicht nach dem 11. September, den Attentaten in London oder während der Finanzkrise.
Ist es in einer solchen Situation leichter mit einer großen Muttergesellschaft im Rücken?
Es ist natürlich schon hilfreich, wenn man Teil einer Familie ist und sich an einer starken Schulter ausweinen kann. Aber trotzdem bin ich ja Geschäftsführer der GmbH in Österreich – wir haben immer auch eigene Produkte und Packages kreiert, und Entscheidungen wie „Sperre ich die Bar heute auf oder zu?“ muss ich allein treffen. Und das ist momentan eine tägliche Lotterie.
Sie haben das Haus ja auch während des Lockdown weiter offen gehalten?
Genau. Denn es gab ja nie die Anordnung, die Häuser zu schließen, sondern lediglich die touristische Beherbergung war verboten. Die Unterbringung etwa eines deutschen Technikers, der in einem Krankenhaus die Beatmungsgeräte wartet, war ja immer erlaubt. Wir hatten im April eine große Gruppe Expatriates eines Landes im Haus, die von ihrer Botschaft aus ganz Europa nach Wien transferiert und bei uns untergebracht wurden, ehe sie alle gemeinsam in ihr Heimatland ausgeflogen werden konnten.