Anhörung

US-Höchstgericht: Coney Barrett lässt sich nicht in die Karten blicken

Amy Coney Barrett soll auf Vorschlag von US-Präsident Donald Trump in den Supreme Court berufen werden. Sie stellte sich den Fragen des Senats.
Amy Coney Barrett soll auf Vorschlag von US-Präsident Donald Trump in den Supreme Court berufen werden. Sie stellte sich den Fragen des Senats.REUTERS
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Am zweiten Tag der Anhörung im US-Senat stellt sich die konservative Juristin den Fragen der Demokraten. Zu konkreten Präzedenzfällen zu Abtreibungen oder Ehe für alle will sie sich nicht konkret äußern.

Die Kandidatin von Präsident Donald Trump für das Oberste Gericht der USA hat bei ihrer Anhörung im Senat keine Antwort auf zentrale Streitfragen wie das Recht auf Abtreibungen oder gleichgeschlechtliche Ehen gegeben. Die konservative Juristin Amy Coney Barrett weigerte sich am Dienstag, ihre Position zu vorherigen Entscheidungen des Gerichts zu diesen Themen offenzulegen.

Wenn sie eine Meinung zu einem Präzedenzfall äußern würde, könne dies Parteien einen Hinweis darauf geben, zu welcher Entscheidung sie in einem konkreten Fall neigen würde, argumentierte Barrett im Justizausschuss des Senats. Konkret wollte sie sich nicht zu zwei Präzedenzentscheidungen des Obersten Gerichts äußern, die einige Konservative in den USA kippen wollen. Es sind das Urteil Roe v. Wade von 1973, das das Recht von Frauen auf Abtreibungen für von der US-Verfassung gedeckt erklärte, sowie Obergefell v. Hodges, mit dem dies 2015 auch für gleichgeschlechtliche Ehen festgestellt wurde. Sie betonte zugleich, dass sie Diskriminierung "abscheulich" finde. "Ich würde nie auf Basis sexueller Orientierung diskriminieren."

Barrett gab auch keine Antwort auf die Frage der demokratischen Senatorin Dianne Feinstein, ob ein US-Präsident aus ihrer Sicht eine Wahl verschieben könne. Wenn sie je mit einer solchen Frage konfrontiert würde, müsste sie erst die Argumente der Parteien hören und sich mit Kollegen beraten, sagte Barrett.

Die Befragung dürfte ein langwieriges Unterfangen werden: Die 22 Mitglieder in Justizausschuss haben jeweils 30 Minuten Zeit allein für den ersten Frage-Durchgang. Am Donnerstag soll die Anhörung weitergehen.

Barrett soll nach Trumps Willen Nachfolgerin der verstorbenen liberalen Richterin Ruth Bader Ginsburg werden. Mit ihr bekämen die Konservativen im Supreme Court eine dominierende Mehrheit von sechs der neun Sitze am Gericht. Das Gericht hat oft das letzte Wort bei Rechtsstreitigkeiten zu politisch umkämpften Fragen wie Einwanderung, das Recht auf Abtreibungen oder Waffenbesitz.

Richterin auf Lebenszeit

Die Richter werden vom Präsidenten vorgeschlagen und vom Senat auf Lebenszeit ernannt. Die Republikaner halten im Senat 53 der 100 Sitze. Damit können die Demokraten eine Ernennung Barretts nicht aus eigener Kraft verhindern. Am Montag, dem ersten Tag der Anhörung mit einleitenden Stellungnahmen, wurde ihre Strategie deutlich, sich direkt an die Wähler zu wenden. Sie warnten davor, dass mit Barrett im Gericht Obamas Gesundheitsreform annulliert werde, und riefen die Bürger auf, bei ihren republikanischen Senatoren dagegen zu protestieren.

Barrett passierte bereits 2017 eine Anhörung in dem Ausschuss - für ihre aktuelle Position an einem Berufungsgericht. Schon damals wollten Senatoren wissen, ob das Oberste Gericht aus ihrer Sicht richtig entschieden hatte, nachdem es 1973 das Recht auf Abtreibungen und 2012 Obamas Gesundheitsreform für verfassungskonform erklärte hatte. Barrett wich den Fragen mit der Begründung aus, ihre Position dazu spiele keine Rolle, weil sie sich als Berufungsrichterin in jedem Fall strikt daran halten müsse. Dieses Argument wird sie diesmal nicht vorbringen können.

„Juristische Philosophie“ passe zu Präsident Trump

Die Demokraten betonen, dass Barrett die Argumentation des Obersten Gerichts kritisiert habe, mit der Obamas Gesundheitsreform als verfassungskonform bestätigt worden war. Die Trump-Regierung unternimmt gerade einen neuen Anlauf, "Obamacare" am Obersten Gericht zu kippen. Der demokratische Senator Chris Coons sagte am Montag an die Adresse Barretts, er glaube zwar nicht, dass sie einen geheimen Deal mit Trump gemacht habe. "Aber ich glaube, dass Sie aus dem Grund ausgewählt wurden, dass Ihre juristische Philosophie zu den Ergebnissen führen wird, die Präsident Trump erzielen will."

Liberale sind auch alarmiert, weil Barrett in einem Artikel dafür plädierte, dass das Oberste Gericht grundsätzlich nicht davor zurückschrecken sollte, seine früheren Entscheidungen auf den Prüfstand zu stellen. Das dürfte bei der Befragung auch Thema werden.

Bei der vergangenen Anhörung ging es auch immer wieder darum, ob der katholische Glaube Barretts ihre Entscheidungen beeinflussen könnte. Vor allem die Demokraten zeigten sich damals besorgt. "Das Dogma lebt lautstark in Ihnen - und das macht besorgt, wenn Sie an große Themen herantreten sollten, für die viele Menschen in diesem Land jahrelang gekämpft haben", sagte die demokratische Senatorin Dianne Feinstein. Barrett versicherte stets, dass sie nur dem Gesetz folgen werde - und diesmal brachten die Senatoren das Thema bisher nicht auf.

(APA/dpa)

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