Die Lockdown-Empfehlungen, Teil vier, sind Luxus-Steak-Box von Markus Artner zum Selberbeschäftigen und wunderbare marokkanische Tajines.
Es besteht die dringende Gefahr als Restaurantkritiker, mehreren Fehleinschätzungen zu unterliegen. Da droht die übliche Selbstüberschätzung. Nachdem mir Paul Ivic vom wunderbaren Tian vier gefüllte Gläser geschickt hat, könnte ich mich nun für einen Instagram-Influencer halten. Das Pilzsugo (Kräuterseitlinge, quasi das Rindfleisch des Prenzlauer Bergs) war wirklich gut und so gewürzt. Beim Trüffelschaum war ich mir nicht ganz sicher: Soll ich ein nicht veganes Kalbsschnitzel damit erschlagen? Oder mit Supermarkt-Gnocci anrichten? Oder doch ins Gesicht? Echte Influencer-Probleme eben.
Das bringt mich zum nächsten Fehler: Mit diesen gefüllten Wasserbad-Gläsern und Bastelboxen großer Köche und Restaurants läuft man ernsthaft Gefahr, sich für einen Koch zu halten. Was echtes Kochen sein und wie unterhaltsam das für andere sein kann, zeigen Ivic und Sepp Schellhorn in ihrem Video-Lockdown-Kochduell, das in sozialen Medien wie Instagram nachzuverfolgen ist. Schwere Empfehlung.
Aber zurück zum Amateurkochen: Markus Artner, Doppel-Lokalbetreiber und Winzer, bietet ein Lieferservice mit einem ganz besonderen Gericht in einer Weinkiste an, das „Steakdate“, ein Côte de Bœuf von sage und schreibe 500 Gramm zum Selberbraten, dazu gibt es getrüffeltes Erdäpfelpüree, knackiges Gemüse mit Kräuterbutter, eine etwas milde Pfeffer-Cognac-Sauce, Trüffelbutter, eine Flasche Artner-Roten und das vielleicht Wichtigste: Maldon-Salz, das beste der Welt. Beiliegend erhält man eine kleine, einfach geschriebene Anleitung zum Anbraten, die wie eine Mischung aus Rocket Science und Yogaklasse klingt. „Garstufe rare“ bedeutet: „Legen Sie Ihren Daumen gegen Ihren Zeigefinger derselben Hand. Nun fühlt sich der Daumenballen sehr weich an. Fühlt sich das Steak genauso an, ist es sehr blutig.“ Das geht vier Garstufen so, am Schluss schmerzt womöglich die Hand. Holzhacker sollten dieser Anleitung nicht folgen, aber bei verweichlichten Städtern wie mir geht das. Das blutige Steak war jedenfalls fantastisch.
Nichts zu bekritteln gibt es auch bei den Tajines, den marokkanischen Eintöpfen, die man am Samstag vor dem Aux Gazelles erstehen kann. Vor allem die Lammvariante mit großer Würzung (Zimt, Nelken!) und die eingelegten Salzzitronen schmecken großartig.Dort gibt es einen liebevoll betreuten Lebensmittelmarkt, etwa mit wunderbaren Kaviarsenf-Sorten. Hingehen! Hingegen nächste Woche wird es asiatisch, mit meinem Freund Simon Cooks und diesem Martin Ho.
Artner Take-away, Floragasse 6, 1040 Wien, www.restaurant.artner.co.at,
Marché Aux Gazelles, Rahlgasse 5, 1060 Wien, Sa: 10-15 Uhr.
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