Coronavirus

Immunität nach Impfung verlässlicher als nach Erkrankung

(c) Getty Images (Matthew Horwood)
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Die Immunantwort nach einer Infektion hängt in hohem Maß vom Krankheitsverlauf ab und kann unterschiedlich ausfallen. Anders als bei einer Impfung, deren Dosisfindung auf eine starke Reaktion des Immunsystems abzielt.

Gleich vorweg: Auch von Covid-19 genesene Personen können (und sollen) sich ohne zusätzliches Risiko impfen lassen – unabhängig davon, ob sie Antikörper gebildet haben oder nicht. Eine Impfung schadet also in keinem Fall, darüber herrscht Einigkeit. Nicht endgültig beantwortet ist die Frage, ob eine Impfung die stärkere Immunantwort auslöst oder eine durchgemachte Erkrankung. Denn sollte Letzteres einen verlässlichen Schutz gegen eine erneute Ansteckung bieten, wäre eine mit möglichen Nebenwirkungen und einem Restrisiko für Komplikationen verbundene Impfung tatsächlich nicht notwendig.

Zu diesem Schluss kommt auch eine am Dienstag veröffentlichte Antikörperstudie der Innsbrucker Universitätsklinik, deren Ergebnisse aber von lediglich 29 Patienten stammen, die zwei bis acht Wochen, drei Monate und sechs Monate nach Symptombeginn untersucht wurden. Bei allen (im Schnitt 44-jährigen) Teilnehmern, darunter einige mit milden, einige mit schweren Verläufen, konnten bei jeder Testung Antikörper gefunden werden, nach sechs Monaten auch die für eine Immunantwort relevanten neutralisierenden IgG-Antikörper, was für eine „konstante, stabile und zielgerichtete Langzeitimmunität“ spreche. „Alle Elemente einer protektiven Immunität“ seien somit vorhanden.

Abhängig vom Krankheitsverlauf

Ganz so eindeutig ist das aber nicht. Zwar ergaben auch Studien aus anderen Ländern ähnliche Resultate, allerdings zeigte sich in Gruppen mit deutlich mehr Probanden, dass die Immunantwort sehr stark vom Krankheitsverlauf abhängt. Dabei gilt grundsätzlich: je schwerer der Verlauf, desto stärker die Reaktion der Abwehkräfte. So wurden bei zahlreichen Genesenen mit milden oder asymptomatischen Verläufen – und diese bilden bekanntermaßen die Mehrheit der Betroffenen – schon wenige Wochen später keine Antikörper mehr nachgewiesen. Auch Neuinfektionen sind zweifelsfrei dokumentiert.

Phänomene, die auch Impfstoffe nicht zu 100 Prozent verhindern können. Allerdings war das Ziel der Dosisfindung eine Immunantwort, die mit jener nach einem schweren Krankheitsverlauf vergleichbar ist. Einen solchen Schutz bestätigten auch die bisher veröffentlichten Daten aus den Studien der Hersteller.

Zelluläre Immunantwort

Aber müsste die Reaktion des Immunsystems auf das komplette Virus nicht zwangsläufig stärker und verlässlicher ausfallen als die Reaktion auf nur ein einziges Oberflächenmerkmal – im konkreten Fall das Spike-Protein, gegen das sich die Antikörper der vor einer Zulassung stehenden Impfstoffe von BioNTech/Pfizer, Moderna und AstraZeneca richten? Nicht unbedingt, wie das Beispiel von Impfungen gegen Hepatitis B zeigt. Auch bei diesen Vakzinen genügt ein winziges Merkmal, um die erforderliche Immunantwort zu erreichen. Entscheidend ist also nur, dass das Virus vom Abwehrsystem erkannt wird – wie und anhand welcher Kennzeichen, spielt keine Rolle.  

Ins Treffen geführt wird immer wieder auch die durch eine Infektion hervorgerufene zelluläre Immunantwort der Körpers. Dabei handelt es sich um den zweiten Arm des Abwehrsystems. Die wichtigste Aufgabe haben die sogenannten Gedächtniszellen (T-Memory-Zellen), die sich auch Monate und Jahre (etwa bei FSME) nach einer Infektion an einzelne Eigenschaften von Erregern erinnern und bei einer erneuten Konfrontation mit ihnen die Produktion von Antikörpern und speziellen Lymphozyten veranlassen können, die die Viren angreifen und abtöten. Aber auch dieses Argument wurde schon entkräftet, denn die auf den Markt drängenden Corona-Impfstoffe können eine ähnliche zelluläre Immunantwort auslösen – wie im Übrigen auch Impfstoffe gegen zahlreiche andere Viren und Bakterien.

Nach aktuellem Wissensstand deutet somit alles daraufhin, dass die Immunreaktion nach einer Erkrankung nur bei einem schweren Verlauf mit jener nach einer Impfung gleichzusetzen ist und (wie bei der Grippe) rund sechs bis neun Monate anhält – wie lang genau, werden die kommenden Monate zeigen. Verläuft die Infektion mild oder sogar asymptomatisch, kann hingegen nicht mit einem verlässlichen Schutz vor einer weiteren Ansteckung gerechnet werden.

Nur Schutz vor Erkrankung?

Bleibt die Frage, warum es bei den Corona-Impfstoffen noch unklar ist, ob sie „nur" vor dem Ausbruch der Erkrankung schützen oder auch vor einer Ansteckung ("sterile Immunität"). Dieses Spezifikum ist dem Übertragungsweg (Tröpfcheninfektion) des Coronavirus geschuldet, das hauptsächlich über die Schleimhaut der oberen Atemwege in den Körper gelangt. Die Impfungen entfalten ihre Wirkung aber zum größten Teil erst, nachdem das Virus die Schleimhäute überwunden und die Zellen im Körperinneren erreicht hat. Daher ist es möglich, dass es zwar nicht zur Erkrankung kommt, weil die eingedrungenen Viren sofort attackiert und unschädlich gemacht werden; während sie sich aber noch auf den Schleimhäuten der Atemwege befinden, könnte die betroffene Person ansteckend sein.

Das kann auch bei der Grippe nicht ausgeschlossen werden, passiert aber selten, weil die Immunantwort bei Geimpften (oder Genesenen) auch auf den Schleimhäuten einen gewissen Schutzeffekt zeigt und die infektiöse Phase zumindest deutlich reduziert. Wer sich impfen lässt, ist also im Fall einer Infektion zumindest weniger stark und weniger lang ansteckend.

Beispiele für Impfungen

Beispiele für Impfungen, die zwar vor einer Erkrankung schützen, nicht aber vor einer Infektion, sind jene gegen HPV und Meningokokken B.

Bei Tetanus ist eine Impfung viel wirksamer als eine überstandene Erkrankung (die oft nicht überlebt wird). Bei FSME hingegen bietet eine Erkrankung den besseren (und zwar lebenslangen) Schutz.

Keinen Unterschied zwischen einer Impfung und Erkrankung gibt es hinsichtlich der Immunität etwa bei Masern.

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