Der Oppositionspolitiker soll unbedingt hinter Gittern bleiben. Um dieses Ziel zu erreichen, schrecken die Behörden auch vor unrechtmäßigen Prozessen nicht mehr zurück. Nawalny muss vorerst 30 Tage in Haft, doch es wartet ein weiterer Prozess. „Habt keine Angst, geht auf die Straße!"
Schon in der Nacht auf Montag hatten Alexej Nawalnys Mitstreiter Alarm geschlagen. „Nawalny wurde entführt, er ist in Gefahr. Er ist in der Hand jener Leute, die ihn schon einmal umbringen wollten.“ So drückte Leonid Wolkow, enger Vertrauter Nawalnys, seine Beunruhigung nach der Festnahme des Oppositionspolitikers aus. Nawalny war nach seiner Ankunft aus Berlin an der Passkontrolle von Polizisten abgeführt worden. Dann verlor sich seine Spur. Wolkows Warnung war gerechtfertigt. Am Montag fanden die absurden Vorgänge rund um Nawalny ihre Fortsetzung. In einer improvisierten Gerichtsverhandlung in einer Polizeidienststelle, samt erstem Urteil: 30 Tage Arrest wegen Verstößen gegen Meldeauflagen.
Nawalnys Sprecherin Kira Jarmysch veröffentlichte wenig später ein Video mit einem Protestaufruf. "Habt keine Angst, geht auf die Straße!", sagte der 44 Jahre alte Oppositionsführer darauf noch im Verhandlungssaal. Die Menschen sollten nicht für ihn auf die Strafe gehen, sagte Nawalny, sondern für ihre eigene Zukunft - für ein freies Russland. Das Land degeneriere unter dem seit mehr als 20 Jahren regierenden Kremlchef Wladimir Putin, sagte er. "Schweigt nicht! Wehrt Euch! Wir sind viele und können etwas erreichen."
Die Behörden hatten offenbar die Anweisung, Nawalny nach den gesetzlich festgeschriebenen 48 Stunden auf keinen Fall gehen zu lassen. Also ließ man sich Folgendes einfallen: Eine Gerichtsverhandlung, die über den Gewahrsam Nawalnys entschied, wurde kurzerhand in der Polizeiwache abgehalten. Denn draußen warteten Anhänger und Journalisten.