Italiens Premier, Giuseppe Conte, will die politische Krise mit seinem Rücktritt lösen - und einer Umbildung der Regierung. Als Alternative wird aber auch eine Expertenregierung unter Ex-EZB-Präsident Mario Draghi gehandelt.
Italiens Ministerpräsident, Giuseppe Conte, will die politische Krise des Landes mit seinem Rücktritt und der Bildung einer neuen Regierung lösen. Nachdem er Dienstagfrüh seine Minister zusammenrief, um sie über seinen Rücktritt zu informieren, suchte Conte Staatspräsident Sergio Mattarella auf, um ihm sein Demissionsschreiben zu übergeben. Conte hofft von Mattarella ein Mandat für die Bildung seiner dritten Regierung zu erhalten. Doch der Weg zu einem neuen Mitte-links-Kabinett ist steinig.
Conte steht bei der Bildung einer neuen Regierung auf breiterer Basis im Parlament unter Zeitdruck. Die Unterstützung der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, der Sozialdemokraten (PD/Partito Democratico) und der linken Kleinpartei Liberi e uguali (LeU - Frei und gleich) genügt ihm nicht mehr. Nachdem der Juniorpartner Italia Viva um Ex-Premier Matteo Renzi jüngst aus der Koalition ausstieg, verfügt Conte nur noch über eine hauchdünne Mehrheit im Senat, die ihm ein Weiterregieren nicht ermöglicht.
Conte hofft auf Umbildung, nicht auf Neuwahl
Eine Garantie für eine erfolgreiche Regierungsbildung ohne Neuwahlen zeichnet sich momentan nicht ab. Conte hofft, dass sich eine neue Mehrheit mit "Nothelfern" aus dem Oppositionslager und der sogenannten Gemischten Fraktion bildet. Er wirbt vor allem um die Unterstützung liberal- und europaorientierter Parlamentarier, die sich in Zeiten der Corona-Pandemie gegen vorgezogene Parlamentswahlen richten.Eine Neuwahl würde Umfragen zufolge nämlich vermutlich die rechte Opposition gewinnen. Zudem wurde im Zuge einer Parlamentsreform die Zahl der Sitze um ein Drittel verringert. Diese kommt bei einer Neuwahl zum Tragen. Viele Parlamentarier würden so ihre Sitze verlieren. Auch dies dürfte den Willen zum Kompromiss bei etlichen Abgeordneten erhöhen.
Kommt Techniker-Regierung?
Eine Versöhnung zwischen Conte mit Ex-Ministerpräsident Renzi, der vor zwei Wochen die beiden Ministerinnen seiner Partei Italia Viva aus dem Kabinett abgezogen hatte und damit die Koalition platzen ließ, wird in Rom nicht ausgeschlossen. Conte könnte Renzis Italia Viva einige einflussreiche Ministerposten anbieten, um sich deren Unterstützung zu sichern. Außerdem müsste der parteiunabhängige Conte der Renzi-Partei mehrere Konzessionen in Sachen Umsetzung des Corona-Wiederaufbauprogramms der EU machen.Als Alternative wird in Rom über eine Einheitsregierung spekuliert, der auch Parteien der derzeitigen Opposition wie die konservative Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi beitreten könnten. Die Einheitsregierung müsste ein Regierungsprogramm für die Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode 2023 entwerfen. Schwerpunkt wäre die Umsetzung des Recovery Plans, dem milliardenschweren Programm zum Wiederaufbau Italiens nach der Pandemie. Für den Premierposten einer solchen Konzentrationsregierung ist der ehemalige Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, im Gespräch.
(APA)