Regierungskrise

Italien: Fünf-Sterne-Votum als letzte Hürde für Regierung Draghi

Mario Draghi soll Italien aus der Krise führen - mit einer sogenannten Einheitsregierung.
Mario Draghi soll Italien aus der Krise führen - mit einer sogenannten Einheitsregierung.APA/AFP/POOL/ALESSANDRA TARANTIN
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Ein parteiinterner Streit verzögert die neue Regierungsbildung in Rom. Nachdem Draghi ein Teil seines Programmes enthüllte und auf die Bewegung zuging, simmen heute die Fünf-Sterne-Mitglieder ab.

Es war fast vollbracht: Der designierte italienische Premier Mario Draghi hat sich in den vergangenen Tagen die Unterstützung so gut wie aller großer Parteien gesichert – von Linksdemokraten bis hin zur rechtspopulistischen Lega. Und sogar der mächtige Boss der Fünf Sterne, Komiker Beppe Grillo, gab seinen Segen. Doch die rebellische Basis hätte Grillo beinahe einen Strich durch die Rechnung gemacht: Diese wollte kein grünes Licht für eine neue Regierung geben, solange sie nicht Draghis Programm kennt.

Laut Fünf-Sterne-Statut müssen Mitglieder wichtigen Entscheidungen zustimmen. Das für Mittwoch auf der Plattform „Rousseau“ geplante Votum wurde  ausgesetzt. Im Forum hatte sich eine kleine Rebellion zusammengebraut. „Zu Draghi Ja oder Nein zu sagen, wäre zu simpel“, sagte Fünf-Sterne-Vorsitzender Vito Crimi: „Es ist kein Votum über Draghi, sondern über sein Programm“. Und: Man werde sich nicht „um jeden Preis“ an einer Draghi-Regierung beteiligen.

Votum bis zum Abend

Mittwochabend ging dann Draghi nach einem Telefonat mit Beppe Grillo doch auf die Fünf Sterne zu und enthüllte einen Teil seines Programmes: Der beauftragte Premier stimmte einem Umweltministerium mit ausgedehnten Kompetenzen zu, das Italiens Wirtschaft im Einklang mit der EU-Agenda "Next Generation" ökologisch umstrukturieren soll. Damit kommt er einer Forderung der ökologisch orientierten Cinque Stelle entgegen.

Und so wird heute doch über Draghi abgestimmt. Die Frage, auf die die Parteiaktivisten antworten sollen, ist geschickt formuliert: "Sind Sie damit einverstanden, dass die Fünf-Sterne-Bewegung eine technokratisch-politische Regierung um Mario Draghi mit einem Superministerium für den ökologischen Wandel unterstützt?". 

Geben die Fünf Sterne grünes Licht, steht einer Regierung Draghi nichts mehr im Wege. Das Votum soll bis zum späten Nachmittag/ Abend andauern.

Stärkste Kraft im Parlament

Der überraschende „Coup“ der Basis dürfte die Risse innerhalb der Bewegung weiter vergrößern, zumal die Führungsspitze eigentlich einer Draghi-Regierung schon zugestimmt hatte. Sogar von Spaltung ist (wieder einmal) die Rede. Vor allem verzögert der Fünf-Sterne-Wirbel die Regierungsbildung: Der Ex-EZB-Chef braucht die Zustimmung der Bewegung, sie ist stärkste Kraft im Parlament.

Im Jänner war die Regierung von Giuseppe Conte zerbrochen, nachdem der kleine Partner Italia Viva des Ex-Premiers Matteo Renzi im Streit über EU-Corona-Hilfen ausgeschert war.

Was wird aus Ex-Premier Conte?

Der zurückgetretene italienische Premier Conte wünscht sich, dass in Italien bald eine neue Regierung gebildet wird. Er befürchtet jedoch, dass eine Einheitsregierung Stabilitätsprobleme haben könnte. Der designierte Regierungschef Draghi könnte auf Schwierigkeiten stoßen, ideologisch sehr unterschiedliche Parteien unter einem Dach zu halten, die von der rechten Lega über die Fünf-Sterne-Bewegung bis hin zur Linken reichen, warnte Conte.

"Es ist offenkundig, dass wegen des ausgedehnten Spektrums von Parteien, die die Regierung unterstützen wollen, die Gefahr eines geringen Zusammenhalts der Koalition besteht", sagte Conte in einem Interview mit der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" (Donnerstagsausgabe). Divergenzen unter den ideologisch unterschiedlichen Parteien könnten die Arbeit der Regierung bremsen.

Italien rätselt über die politische Zukunft des parteilosen Juristen, der das Land seit Juni 2018 an der Spitze zweier verschiedener Regierungen geführt hat. Auf die Frage, ob er die Führung der Fünf-Sterne-Bewegung übernehmen werde, die seine beiden Regierungen unterstützt hatte, antwortete Conte, dass die Beziehungen zu den Cinque Stelle sehr gut seien. Er sei jedoch nicht an Ämtern interessiert.

(basta/Ag.)

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