Ibiza

"Die Bombe platzt": Als die FPÖ Van der Bellens Kalender vorlegen wollte

PK FP� ´TUESFUERMICH.AT ? DIE BOMBE PLATZT!´: HAFENECKER
PK FP� ´TUESFUERMICH.AT ? DIE BOMBE PLATZT!´: HAFENECKER(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Groß inszeniert legte die FPÖ am Montag ein Foto vor, das den Kalender von Alexander Van der Bellen zeigen soll. Das Dokument ist neu, der Inhalt war aber großteils bekannt. Was hat es damit also auf sich?

Politisch Interessierte werden in den vergangenen Jahren vermutlich abgestumpft sein, was große Aufreger und Skandale betrifft. Immerhin musste das Land seinem späteren Vizekanzler dabei zusehen, wie er einer angeblichen Oligarchennichte unmoralische und womöglich illegale Angebote machte. Zwei Regierungen wurden vorzeitig beendet, alle Parteichefs ausgetauscht.

Wenn also das Platzen einer Bombe – inklusive Homepage und Countdown – angekündigt wird, schraubt das die Erwartungen hoch. Und wenn die Homepage „Tu es für mich“ benannt wird, nach einem SMS des damaligen Wiener ÖVP-Chefs Gernot Blümel, lenkt sie die Mutmaßungen in eine bestimmte Richtung.

Aber: Angekündigte Bomben gehen offenbar nicht hoch. Es schauen bloß viele Leute bei der Fehlzündung zu. Christian Hafenecker, Fraktionsführer der FPÖ im Ibiza-Untersuchungsausschuss, lud zum Ende des Countdowns am Montag zu einer Pressekonferenz. „Ich werde meinen Mitarbeiter ersuchen, unsere Bombe hier zur Verteilung zu bringen“, sagte er. Es sollte ein Beweis sein, dass Bundespräsident Alexander Van der Bellen früher von der Causa Ibiza informiert war.

Um ihre These zu untermauern, verteilt die FPÖ Kopien eines Fotos, das den Outlook-Kalender Van der Bellens zeigen soll. Das Dokument ist neu, seine Inhalte sind es nicht ganz. Zuerst berichtete „Der Standard“ davon, auch „Die Presse“ sprach vor drei Wochen mit Hafenecker darüber. Was hat es also mit dem Foto auf sich?

Wie die FPÖ (nicht) informiert wurde

Diese Geschichte hat mehrere Aspekte. Fangen wir mit jenem der FPÖ an: Am Mittwoch, dem 15. Mai 2019, konfrontieren Journalisten der „Süddeutschen Zeitung“ und des „Spiegel“ Heinz-Christian Strache mit den Inhalten des Videos. Erst am Freitag, dem Tag der Veröffentlichung, gibt es laut Hafenecker eine FPÖ-Sitzung dazu im Vizekanzleramt. Norbert Hofer wurde von Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) über das Video informiert.

Im Sommer 2019 stößt Hafenecker auf das Foto des Kalenders (aufgenommen am 19. Mai), widmet sich dem Dokument aber nicht weiter. Es könnte ja auch ein Fake sein. Erst vor einigen Wochen wird er daran erinnert. Einerseits weil seiner Information nach ein Verfahren gegen unbekannt läuft. Die Präsidentschaftskanzlei müsse also angezeigt haben, dass jemand Van der Bellens Kalender abfotografiert hat. Andererseits wegen des Ibiza-Detektivs Julian H., der Ende Jänner erstmals über seine Sicht der Dinge sprach.

Der Ibiza-Detektiv äußert sich

Das ist der Aspekt rund um Julian H.: Laut ihm gab es eine Woche vor der Veröffentlichung des Videos ein Treffen mit einem Mann aus dem Umfeld Van der Bellens. H. habe ihm einige Videosequenzen gezeigt. Der Mann bestätigte das Treffen, das Material sei aber von schlechter Qualität bzw nicht einschätzbar gewesen. Er habe nur seiner Partnerin davon erzählt. H. sagt dem „Standard“ auch, er habe der Präsidentschaftskanzlei ein E-Mail geschickt – um sich selbst abzusichern. Das bringt uns zu Van der Bellen: In der Präsidentschaftskanzlei bestätigte man, das E-Mail erhalten zu haben. Es sei aber sehr vage gewesen, man habe es ad acta gelegt. Erst vor Kurzem habe man es der „Soko Ibiza“ zukommen lassen, kritisiert Hafenecker.

Van der Bellens Termin-Einträge

Und was stand nun im Kalender? Für Donnerstag war eine zweistündige Besprechung unter dem Titel „Gerüchte/Sp./Süddt. zu Strache/Gudenus“ mit engen Mitarbeitern eingetragen. Freitagvormittag war ein Gespräch mit Kurz geplant. Auch der Eintrag „die Bombe platzt“ ist zu lesen. Ein Indiz also, dass Van der Bellen vorgewarnt war? Nein, hieß es schon Anfang Februar aus seinem Büro. Van der Bellen schrieb demnach erst im Nachhinein die Notiz. Am Samstag stand laut Foto ein Treffen mit Kurz und Kabinettschef Bernhard Bonelli an.

Hafenecker kritisiert, dass Bonelli und Kurz im U-Ausschuss davon nicht gesprochen haben. Die FPÖ will auch Anzeigen wegen Beweismittelunterdrückung und vorsätzlicher Falschinformation durch die Hofburg gegenüber den Ermittlern einbringen. Und Van der Bellen in den U-Ausschuss laden. Auch dafür war die große Inszenierung gedacht, um mehr Aufmerksamkeit zu erhalten. Zumindest in dieser Hinsicht war die FPÖ also doch erfolgreich.

Anm.: In einer ersten Version des Artikels war von Mittwoch, dem 19. Mai die Rede. Korrekt ist Mittwoch, der 15. Mai, der Fehler wurde ausgebessert.

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