Der BVT-Skandal hat Konsequenzen. Durch eine Änderung in der Strafprozessordnung soll die Staatsanwaltschaft nicht mehr so einfach Hausdurchsuchungen in Behörden durchführen können. Die Opposition sieht durch die Gesetzesnovelle Hindernisse bei der Korruptionsbekämpfung.
Wien. Die Beschlagnahmung von Unterlagen und Datenträgern der Behörden durch die Justiz soll künftig nur noch im Ausnahmefall möglich sein. Das sieht eine Änderung der Strafprozessordnung vor, die das Innenministerium mit der BVT-Reform in Begutachtung geschickt hat. Demnach soll die Justiz Unterlagen in der Regel via Amtshilfe anfordern. Von der Opposition kommt Kritik. Das Justizministerium verteidigt die Pläne mit Verweis auf das Gerichtsurteil zur BVT-Hausdurchsuchung, die im Februar 2018 stattgefunden hat und bis heute Nachwehen verursacht.
Im Zuge der BVT-Reform wollen ÖVP und Grüne in der Strafprozessordnung festschreiben, dass Ermittler Akten von Behörden fast ausschließlich im Weg der Amtshilfe anfordern müssen, anstatt sie selbst sicherzustellen. Der Opposition geht das zu weit. SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim sieht einen Angriff der Regierung auf die Justiz. Eine Einschränkung von Razzien würde die Korruptionsbekämpfung im öffentlichen Raum verunmöglichen, weil der Überraschungseffekt wegfallen würde. FP-Justizsprecher Harald Stefan betont, dass die Möglichkeit der Amtshilfe schon jetzt besteht. „Es wäre jedoch absurd, bei bestimmten Verdachtslagen die Behörden über diesen Weg vorzuwarnen und damit die Korruptionsbekämpfung zu behindern“, so der Abgeordnete. Auch Neos-Justizsprecher Johannes Margreiter befürchtet, dass damit „der Vertuschung Tür und Tor geöffnet“ würden: „Wir werden sicher nicht Gesetze ändern und die Justiz knebeln, nur weil in ÖVP-geführten Ministerien jüngst einige höchst unangenehme Dinge gefunden wurden – und es dort offenbar noch einiges zu finden gibt.“
Delikate Hausdurchsuchungen
Er spielt damit wohl auf die Sicherstellungen im Justizministerium bei Hans Fuchs, Leiter der Oberstaatsanwaltschaft Wien, und Christian Pilnacek, Sektionschef, an. Es laufen Ermittlungen wegen des Verdachts auf Verrat des Amtsgeheimnisses. Pilnacek konnte zuletzt aber einen Teilerfolg erzielen: Seine vorläufige Suspendierung wurde aufgehoben.
Verteidigt werden die Pläne vom Justizministerium. In einer der APA übermittelten Stellungnahme wird darauf verwiesen, dass das Oberlandesgericht Wien die Hausdurchsuchung im BVT aus 2018 für rechtswidrig erklärt und betont hatte, die Ermittler hätten um Amtshilfe ansuchen müssen. „Das soll jetzt klargestellt werden.“ Und: „Selbstverständlich wird man wie üblich auch hier die im Begutachtungsverfahren einlangenden Stellungnahmen prüfen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen.“
Laut der vom Innenministerium mit der BVT-Reform in Begutachtung geschickten Novelle zur Strafprozessordnung wäre die Sicherstellung von behördlichen Aufzeichnungen und Datenträgern durch die Ermittler selbst nur noch zulässig, wenn sich die Ermittlungen direkt gegen den zur Amtshilfe verpflichteten „Organwalter“ richten (also z. B. gegen den Minister). Dies würde nicht nur für Behörden von Bund, Ländern und Gemeinden gelten. Auch an „Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts“ (also Kammern und Sozialversicherungen) müssten sich die Ermittler via Amtshilfe wenden. Die Begutachtung läuft bis 7. Mai.
Darüber hinaus ist vorgesehen, dass die betroffenen Ämter einer Sicherstellung widersprechen können, wenn vertrauliche Unterlagen betroffen sind, die von ausländischen Behörden oder internationalen Organisationen übermittelt wurden. Widerspruch ist außerdem möglich, wenn eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht gegenüber der Justiz besteht oder wenn der Weitergabe überwiegende öffentliche Interessen entgegenstehen. Dies ist eine Folge des BVT-Skandals. Denn nach der Razzia im Verfassungsschutz hatten alle Parlamentsparteien die Regierung aufgefordert, einen Modus zur Sicherung sensibler Geheimdienstunterlagen zu schaffen.
Höhere Strafen für Spionage
Ebenfalls geplant ist eine höhere Strafe für Spionage („Geheimer Nachrichtendienst zum Nachteil Österreichs“): Der Strafrahmen soll von drei auf fünf Jahre erhöht und eine Mindeststrafe von sechs Monaten eingezogen werden. (APA/red.)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.03.2021)