Corona-Demonstration

Nehammer: "Mischung aus Neonazis, Corona-Leugnern und besorgten Bürgern"

Polizeieinsatz am Samstag
Polizeieinsatz am Samstagimago images/SEPA.Media
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Die Landespolizeidirektion zieht Bilanz: 15 Festnahmen und 649 Anzeigen sowie 14 Griffe zum Pfefferspray gab es am Samstag in Wien. Der Innenminister verteidigt das Vorgehen, von der Opposition gab es Kritik.

15 Festnahmen und 649 Anzeigen hat es am Samstagnachmittag bei einer Demonstration gegen die türkis-grüne Corona-Politik in Wien gegeben. Um einige Teilnehmer zu bändigen, machte die Polizei 14 Mal von Pfefferspray Gebrauch machen. Dennoch wurden vier Polizeibeamte verletzt. Diese Bilanz zog die Wiener Landespolizeidirektion am Sonntag.

Von den 15 Festnahmen erfolgten zehn aus strafprozessualen Gründen - etwa wegen Verdachts auf Körperverletzung, Sachbeschädigung, Übertretungen nach dem Verbotsgesetz oder Widerstand gegen die Staatsgewalt - und fünf nach dem Verwaltungsstrafgesetz. Die insgesamt 649 Anzeigen umfassten 36 wegen strafrechtlicher Vergehen und 130 Verwaltungsübertretungen. Fast 500 Anzeigen gab es wegen Verstößen gegen die Regelungen zum Schutz vor Covid-19: 380 Personen hielten sich nicht an die Abstandsregeln, 103 ignorierten die Maskenpflicht. 313 Identitätsfeststellungen wurden getroffen.

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) verteidigte in der ORF-"Pressestunde" das Vorgehen der Polizei gegen manche Teilnehmer: "Nur wenn man eine rot-weiß-rote Fahne trägt, ist man noch lange kein Patriot." Und er betonte, dass die Gewaltbereitschaft und die Aggression sehr hoch gewesen seien. "Die Stimmung ist aggressiv, eine Mischung zwischen Alt-Nazi, Neonazis, Corona-Leugnern und besorgten Bürgern", meinte er. In den mehr als 600 Anzeigen ortet er "das probatere Mittel" als das Organmandat, weil vor Ort nur die Identitätsfeststellung erfolge, was zur Deeskalierung beitrage, und letztere sei das oberste Ziel.

Rund 3.000 Personen hatten die angekündigten Versammlungen im Bereich Schweizergarten besucht. Und damit weniger Teilnehmer als bei früheren Demonstrationen. Nehammer kommentierte das damit, dass auch von der FPÖ weniger mobilisiert worden sei.

"Rigoros zur Anzeige gebracht"

Zu sehen waren Freiheitliche am Samstag hingegen sehr wohl: Dem Wiener Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) zufolge wurde etwa die FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch gesehen. Auch der Chef der Identitären Martin Sellner wurde gesichtet sowie Flaggen der Verschwörungstheoretiker-Gruppe QAnon. Dazu kamen einige Personen in Thor-Steinar-Outfits, einem Erkennungsmerkmal der rechtsextremen Szene. Zum Teil trugen die Teilnehmer Transparente mit Aufschriften wie "Kurz ist der Weg in die Diktatur".

"Der Wiener Polizei ist es gelungen die unterschiedlich gesinnten Demonstrationsgruppierungen, trotz gewaltsamer Übergriffe auf Beamte, voneinander zu trennen", resümierte Marco Jammer von der Wiener Landespolizeidirektion. Strafrechtliche und verwaltungsrechtliche Übertretungen sowie das Nichteinhalten der geltenden Covid-19-Verordnung habe man "rigoros zur Anzeige gebracht".

Nehammer erntet Kritik von Opposition

Für seinen Auftritt in der ORF-"Pressestunde" erntete Nehammer breite Kritik aller Oppositionsparteien. SPÖ, FPÖ und NEOS stießen sich an seinen Aussagen sowohl im Bereich Asyl als auch zur Strafprozessordnung sowie zu den Chat-Nachrichten.

SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner warf Nehammer vor, sich an der "Vertuschung der ÖVP-Skandale" zu beteiligen. Außerdem sei der Minister auf wesentliche Fragen wieder einmal konkrete Antworten schuldig geblieben.

Auch NEOS-Innenpolitiksprecherin Stephanie Krisper hielt dem Innenminister ein "Abschieben der eigenen Verantwortung" vor. "Man tut sich schon lange bei der Beantwortung der Frage schwer, welches Regierungsmitglied am wenigsten Skrupel beweist", sagte Krisper.

Und für FPÖ-Sicherheitssprecher Hannes Amesbauer geriet der Auftritt Nehammers zu einer "Selbstanklage einer Pleiten- und Pannenpolitik in seinem eigenen Ressort". Amesbauer konstatierte "Tarnen, Täuschen und Tricksen als Motto des Innenministers".

(APA/Red.)

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