Warum in Deutschland täglich tausende Impfdosen im Müll landen

APA/AFP/ARIS MESSINIS
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Allein das Hamburger Impfzentrum hat mehr als 40.000 Dosen weggeworfen. Wie mit den so genannten „Überschussmengen“ umgegangen wird, ist in den Bundesländern unterschiedlich geregelt.

Trotz eines hohen Bedarfs am Corona-Impfstoffen landen in Deutschland offenbar täglich mehrere tausend potenzielle Impfdosen im Müll. Das berichteten mehrere deutsche Medien übereinstimmend. Einem Bericht des „Tagesspiegel“ zufolge warf allein das Hamburger Impfzentrum mehr als 40.000 Dosen weg.

Der Grund: Pro Impfstoff-Behältnis ist nur eine bestimmte Anzahl von Einheiten zugelassen. Deshalb wird in Teilen Deutschlands offenbar überschüssiger Impfstoff entsorgt. Das soll vor allem in den Impfzentren der Fall sein. Die so genannten „Überschussmengen“ sind in den Ampullen enthalten. Beim Impstoff von Biontech ist das die siebte, bei dem von Astrazeneca die elfte Dosis.

Werden die Überschussmengen verwendet, geht das über die Zahl der Impfeinheiten hinaus, die von der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) pro Behältnis zugelassen sind. Zahlreiche Ärzte verimpfen aber auch die nicht offiziell zugelassene Dosis.

Keine offizielle Regelung

Die Vorsitzende des Hamburger Hausärzte-Verbands, Jana Husemann, bedauerte im NDR, dass es keine offizielle Regelung zum Umgang mit dem Überschussmengen gebe. Weggeworfen werde der Impfstoff dann teilweise „aus Sorge, für eventuell resultierende Impfschäden haftbar“ gemacht zu werden, sagte sie. „Auch wenn viele Kollegen es schon tun, bräuchte es ein bisschen mehr Rückhalt, die siebte Dosis zu verimpfen.“

Das Hamburger Impfzentrum zählt zu jenen Einrichtungen, die nur die zugelassene Anzahl der Impfdosen verwenden. Bei dem Publikumsverkehr sei es nicht möglich, eine siebte Dosis zu ziehen, erklärte Dirk Heinrich, der Ärztliche Leiter des Impfzentrums, im NDR. Der Arzt, der impfe, trage die Verantwortung für genau den Impfstoff, den er verimpfe. Das könne möglicherweise in einer Arztpraxis gewährleistet werden, nicht aber in einem Impfzentrum.

Allein in diesem Impfzentrum sind so vermutlich bislang rund 35.000 potenzielle Dosen Biontech und 8000 potenzielle Dosen Astrazeneca weggeworfen worden. Vermutlich wird in etlichen Impfzentren Deutschlands in dieser Weise verfahren; über einen ähnlichen Fall in Bayern hatte auch die Bild am Sonntag vor wenigen Wochen berichtet.

Uneinheitliche rechtliche Lage

Dort hatte sich ein Arzt in einem Impfzentrum darüber beschwert, dass die siebte Dosis stets im Fläschchen bliebe und dann unter Aufsicht in einer Müllverbrennungsanlage entsorgt werde, bei Astrazeneca seien es sogar zwei Dosen, die im Müll landeten.

Die rechtliche Lage zu den zusätzlichen Impfdosen ist laut „Tagesspiegel“ in den Bundesländern unterschiedlich. So darf die zusätzliche Dosis etwa in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen verimpft werden. In Bayern ist die Entnahme einer siebten Dosis in der Zulassung bisher dagegen nicht vorgesehen. In Hamburg liegt die Verantwortung bei de Ärzten. Rheinland-Pfalz übernimmt explizit die Haftung für die zusätzliche Dosis.

Das Bundesgesundheitsministerium hatte an die Landesministerien lediglich geschrieben, dass die Entnahme der zusätzlichen Impfdosen  unter bestimmten Voraussetzungen möglich und rechtlich zulässig sei.

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