Büroarchitektur: Hereinspaziert!

Bueroarchitektur Hereinspaziert
Bueroarchitektur Hereinspaziert(c) Adam Moerk
  • Drucken

Büroimmobilien geben sich offener: Nicht isoliert wollen sie im Stadtraum stehen, sondern durchlässig, für verschiedenste Nutzungen, Besucher und Passanten.

Städte brauchen Unternehmen. Und Unternehmen brauchen Büros. Doch die Büroimmobilien selbst nehmen selten Rücksicht auf die Städte. Oft stellen sie sich klotzig den Bewohnern, den Strukturen und den Nutzungen in den Weg, versperren Zugänge, isolieren sich und signalisieren architektonisch, dass sie das Rundherum nur äußerst wenig angeht. Offen sind viele gewerbliche Immobilien meist nur für jene Städter, die dort als Angestellte ihre Tage verbringen. Doch allmählich öffnen sie sich auch jenen, die den Besitzern und Entwicklern keinen vordergründigen Profit bringen. Ein paar Quadratmeter der Bruttogeschoßfläche zweigt man ab für teil-öffentliche Bereiche, lässt Besucher, Kunden und dann und wann auch kulturelle Events hinein - im besten Fall werden so aus Büroimmobilien Stadtadressen, die dadurch Karriere machen, dass sie viele urbane Funktionen vereinen.


Die gemischte Nutzung von Hochhäusern wurde wahrscheinlich in New York erfunden. Dort sind Häuser oft gleich „Center": etwa das Rockefeller Center, das selbst aus 21 Häusern besteht und alles zugleich ist: Touristenmagnet, Büroimmobilie, Wohnhaus, Fernsehstudio, Shoppingmall inklusive der schönsten Aussichtsplattform der Stadt. Auch in Europa versuchen Büros allmählich mehr zu sein als gut verkabeltes Flächenangebot. Und übernehmen zum Teil gleich städtebauliche Aufgaben. Das Sony-Center am Potsdamer Platz in Berlin etwa ist Eventfläche, großes Kino und riesiges Atrium. Dazu ein bisschen Shoppingmall, über der sich schließlich die Büroetagen stapeln dürfen. Hereinkommen, Nützen, Verweilen - all das ist strengstens erwünscht.

Offen für Besucher

Auch die Unilever-Zentrale, die 2009 mit einer Fläche von 38.000 Quadratmetern im Stadtentwicklungsgebiet der Hafen City Hamburg fertiggestellt wurde, ist eher eine Büropassage als ein Büroriegel. Ein riesiges, lichtdurchflutetes Atrium dient als Kommunikationszentrale, lädt zum Promenieren ein, saugt Passanten ins Innere, wo kaum etwas an ein herkömmliches Bürohaus erinnert. Das Erdgeschoss ist Treffpunkt: Besucher treffen Unilever-Mitarbeiter. Mitarbeiter treffen Mitarbeiter. Und Besucher treffen Besucher - so wollen es die Architektur und das Konzept. Die Öffentlichkeit wurde bei dem Entwurf bewusst miteinbezogen, aber auch der Kommerz hat seine Plätze: Ein eigener Supermarkt verkauft Unilever-Produkte. Und ein Eiscafé verkauft Eis mit Elbblick.


„Die Frage von öffentlichem Raum ist auch eine Frage der Haftung und der Versicherung", wie Architekt Rolf Touzimsky zu bedenken gibt. Die Frage sei, wie „öffentlich" ein Ort tatsächlich ist, den Zugangs- und Haftungsbeschränkungen, Verbote und Nutzungseinschränkungen regulieren. Dass viele Shoppingmalls noch ohne Sicherheitskontrollen an den Eingängen zugänglich sind, sei erfreulich, so Touzimsky. Doch außerhalb der regulären Büro- und Geschäftszeiten werden solche riesigen Gebäudekomplexe zu undurchdringbaren Barrieren in der Stadt. Weite Umwege für Passanten sind dann die Folge.


Auch in Wien scheint sich ein stärkeres Bewusstsein zu etablieren, dass es die Durchgängigkeit von Gebäuden zu garantieren gilt, die sich in ihren Nutzungskonzepten vorrangig auf ihre eigenen Mieter konzentrieren. Diese Öffnung belebt den Stadtraum und schafft vielfältige Wege und Orte. Manche Projektentwickler winken inzwischen auch Mieter in ihre Projekte, die selbst Kunden haben, etwa Supermärkte oder Bäckereien. Wie auch das Bürohaus „Rivergate" an der Donau. Laut Daniela Steurer von Signa Holding hat sich das Projekt dezidiert der Öffnung zu seiner Umgebung verschrieben.

Durchlässige Immobilien

Eine großzügige Querpassage durch das Gebäude ermöglicht die barrierefreie Verbindung zwischen den Wohnbauten auf der einen Seite und der U-Bahn Station sowie dem Komplex der „Millenium City" auf der anderen Seite. Eine Position, die Frequenz erzeugt, einen steten Fluss von Menschen, die zwischen Wohnen, Einkaufen und Irgendwohin-Fahren pendeln.

Auch die Mieter sollen den Bezug nach außen nicht verlieren: Dafür seien auch „die donauseitige Rampe, Fahrradabstellplätze, Umkleide- und Sanitärbereiche" installiert worden, meint Steurer. Dadurch soll sich der Mobilitätsradius der Angestellten auf die Zonen außerhalb des Gebäudes erweitern.
Was eine Immobilie für seine Umgebung und die Stadt leisten kann, entscheidet sich meist schon im Ergeschoß. Ursula Pirker von der Donaufinanz meint dazu: „Beim Projekt TownTown wurde großer Wert darauf gelegt, mit dem Gebäudekomplex keine Barriere in der Stadt zu bauen." Um eine zentrale Piazza sollten sich auch andere Nutzungen gruppieren, vor allem Handel und Gastronomie. Mit einer Supermarktkette werde derzeit verhandelt.


In der Donaucity gibt es viele Barrieren, aber wenige Fußgänger, die darauf stoßen könnten. Wer dort unterwegs ist, ist meist auf dem Weg in die oder von der Arbeit. Wenn der neue DC Tower im Jahr 2013 schließlich stehen soll, sollte es zumindest ein paar Gründe mehr geben, zu Fuß zu gehen: vielleicht den, im Hotel einzuchecken, oder auch im Restaurant ganz oben zu essen. Michael Zöchling von BAR Immobilien ist „optimistisch, dass das neue Hotel samt Gastronomie und Schanigärten in Verbindung mit der Copa Kagrana neues Leben, auch außerhalb der Geschäftszeiten, bringen wird".

Signa Holding

BAR Immobilien - Büro Wien

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Zweckoptimismus angesagt
Immobilien

Zweckoptimismus ist angesagt

Die Branche atmet wieder auf: So lautet der Tenor bei der Messe Expo Real, die dieser Tage in München stattfand. Doch gut ist noch längst nicht alles - dementsprechend vorsichtig bleibt man auch.
Expo Real Prime Property
New Articles

Expo Real: "Prime Property Award"vergeben

Bovis Lend Lease, Neue Brünnen AG und Hochtief Projektentwicklung wurden auf der Messe für Gewerbeimmobilien in München mit dem Preis für nachhaltige Immobilieninvestments ausgezeichnet.
Anlegen sicheren Haefen
Markt

Anlegen in sicheren Häfen

Investment. Wie steht es um den Markt in Europa? Welche Objekte sind interessant? Von welchen lassen Investoren lieber die Finger? Die Trends im Überblick - von Büros in London bis hin zum Wohnbau in Deutschland.
Muenchen Messestadt Haeuser abseits
New Articles

München, Messestadt: Häuser abseits der Messehallen

Ein Streifzug durch die bayerische Metropole, ganz abseits der Expo Real.
Attraktionen brauchen grosse Flaechen
Markt

Attraktionen brauchen große Flächen

Osteuropäische Shoppingcenter ohne Konzept haben unter Krise besonders gelitten. In Österreich geht der Trend hin zu Shoppingcenter in den Städten.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.